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Auf dem Weg zu "Guss 4.0"

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Reverse Engineering und 3-D-Druck helfen bei der Realisierung

Industrie 4.0, Gießerei 4.0, Guss 4.0 – heutzutage finden Entwicklungen so schnell statt, dass anstelle neuer Begrifflichkeiten nur noch Versionsbezeichnungen vergeben werden. Mit ihrer Vision von „Guss 4.0“ stellt auch die Christenguss AG aus Bergdietikon in der Schweiz die Weichen für eine digitale Zukunft.

Die reale und die virtuelle Welt wachsen mehr und mehr zusammen. Industrie 4.0  – die Verschmelzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik mit der Produktion – ist eine nicht mehr wegzudenkende Entwicklung und aktuell ein viel diskutiertes Thema. So befinden sich auch bereits die ersten Unternehmen aus der Gießerei-Branche mit innovativen Lösungen auf dem Weg zur Gießerei 4.0. Die Christenguss AG im schweizerischen Aargau hat sich von Anfang an dem Fortschritt verschrieben. Stetiges Streben nach Modernisierungs- und Optimierungsmöglichkeiten führte dazu, dass sie sich schon heute als topmoderner Gießereibetrieb präsentiert, der beispielsweise auch komplexe Sandgussformen im 3D-Druckverfahren herstellt. Hier leistet den Schweizern ein S-Max-Produktionsdrucker der bayerischen Firma ExOne© aus Gersthofen bei Augsburg wertvolle Dienste. Er ermöglicht der Gießerei die Fertigung von Sandgussformen in höchster Qualität und großer Individualität, ab Losgröße eins. Das innovative 3D-Verfahren trägt zudem der Nachhaltigkeit Rechnung, wie ExOne©-Vertriebsmanager Holger Barth erläutert: „Durch maximale Prozesssicherheit und die hohe Produktqualität wird der Ausschuss auf ein Minimum reduziert, es werden nur die Teile produziert, die effektiv notwendig sind. Das schont Ressourcen, denn der Energiebedarf für das Wiedereinschmelzen fehlerhafter Bauteile sinkt.“

Qualität, Individualität und Prozesssicherheit

Argumente, die auch Florian Christen, Geschäftsführer des traditionsreichen Familienbetriebs in der vierten Generation und ein Mann mit starkem Drang zu Innovation, überzeugen. Er sieht sein Unternehmen ohnehin als Innovations- und Technologieführer auf dem Gebiet und möchte es zum modernsten Unternehmen der Branche machen. Laut eigener Aussage plant er sogar, „die gesamte Gießerei-Industrie mit disruptiven Ideen grundlegend zu verändern.“ Christen will die Chancen, die sich durch die Digitalisierung in der Gießerei bieten, bewusst nutzen – für sich und für seine Kunden. „Guss 4.0“ lautet seine Vision. Geht es nach seinen Vorstellungen, soll die Herstellung jedes einzelnen Gussteils künftig vollautomatisch zu steuern und zu regeln sein. Der Wunsch nach Effizienzsteigerung und Optimierung der Produktqualität bildet dabei den Hintergrund für seine Pläne. Neben „Guss 4.0“, der Vision eines vollautomatischen Gießprozesses, setzt Christenguss unter Einsatz hochmoderner Technologie auf das digitale Erfassen von Rohteilen. Ein aufwendiges Unterfangen, denn gerade bei älteren Modellen sind häufig keine Zeichnungen oder Originaldaten (mehr) vorhanden, anhand derer das Gussteil digitalisiert werden kann.  Auch um Lagerkosten, Versicherung und Prüfkosten zu vermeiden oder um Werkzeugverlusten vorzubeugen, können die Werkzeugdaten vorsorglich digitalisiert und archiviert werden.

Die Lösung heißt in jedem dieser Fälle „Reverse Engineering“, sprich detailgetreue Nachkonstruktion. In Verbindung mit 3D-Druck ist dies nicht nur eine effiziente Methode zur Nachbildung nicht mehr verfügbarer Teile, es ist oft die einzige Möglichkeit, bestimmte Bauteile schnell und verhältnismäßig kostengünstig zu rekonstruieren. Bei Christenguss erfolgt der 3D-Druck auf der ExOne© S-Max.

Effiziente Methode zur Nachbildung

Da die digitale Erfassung von Gussteilen mittels Laserscan speziell bei komplexen Innenkonturen (Bild 1) an ihre Grenzen stößt, steht Christenguss hier zusätzlich die Möglichkeit der Erfassung mittels CT-Scan zur Verfügung (Bild 2). Dabei wird das Rohteil dreidimensional geröntgt, sodass auch die komplexesten Innenkonturen abgebildet werden.  Aus dem CT-Scan wird dann ein Datensatz im STL-Format erstellt. Dieser bzw. die entsprechenden Punktewolken werden im Zuge einer Flächenrückführung eingelesen und die Daten nach dem Koordinatensystem ausgerichtet. Nach Durchführung einer Datenanalyse werden nicht-gussrelevante Partien entfernt und die Polygone optimiert. Über die Konstruktionssoftware SolidWorks wird das Teil nun digital aufgebaut und anschließend werden die Gießsysteme und die Gussform gezeichnet (Bild 3). Jetzt wird die Gussform bei Christenguss auf der ExOne© S-Max gedruckt und vor Ort abgegossen. Der fertige Gussrohling kommt schließlich zur visuellen Kontrolle. Die Timeline für den gesamten Vorgang vom CT-Scan bis zum fertigen Rohteil beläuft sich dabei auf lediglich rund drei bis vier Wochen. Somit lassen sich ganz zeitnah von jedem bestehenden Objekt beliebiger Größe und Form auch ohne Originaldaten die jeweiligen digitalen dreidimensionalen Daten gewinnen.

Spezialist in der werkzeuglosen Gussformherstellung

„Veraltete Teile können beim Reverse Engineering mittels des digitalen Prozesses also schnell nachproduziert werden“, bestätigt auch Holger Barth von ExOne. „ Zum Beispiel, wenn der Originalhersteller nicht mehr im Geschäft ist oder das Teil nicht mehr anbietet.“ Er führt auch an, dass Christenguss inzwischen ein echter Spezialist auf dem Gebiet der werkzeuglosen Gussformherstellung sei – nicht zuletzt mithilfe des S-Max-Druckers: „Er produziert komplizierte Sandkerne und -formen direkt aus CAD-Daten und eliminiert so die Notwendigkeit physischer Modelle. So lassen sich bei Christenguss selbst komplexe Innenkonturen mit einem gedruckten Sandkern aus der S-Max herstellen.“ Änderungen und Optimierungen  in den CAD-Daten können sofort im Produktdesign umgesetzt werden und der Guss kann daher innerhalb kurzer Zeit und ohne weitere Werkzeuge beginnen. Hinzu kommt eine große Freiheit im Design beim Drucken von detailgetreuen, hochpräzisen Kernen und komplexen Geometrien.

Abschließend weist Florian Christen auch noch einmal auf die Zeit- und Kostenersparnis hin: „Dank des 3D-Drucks der Gussformen lassen sich zusätzlich noch Positioniersysteme für ein Gussteil direkt ins Angussteil integrieren. Dadurch sind spezifische Vorrichtungen für die mechanische Bearbeitung und das Verputzen der Teile nur noch in sehr geringem Maße notwendig.“ Ein weiterer Vorteil  für die Gießerei und damit auch für deren Kunden – und tolle Aussichten für Florian Christens Vision von „Guss 4.0“

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