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Wirtschaftsdrama in Niederbayern: Gießerei A-Kaiser vor der nächsten Insolvenz

Hintergrund sind die Probleme mit Volkswagen vor allem aber ist der Investor Gramax in der Kritik

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Wie Sabine Kain von der Passauer Neuen Presse (PNP) und der Vorsitzende des Betriebsrates von A-Kaiser übereinstimmend berichten, spielt sich um den Erhalt der über 400 Arbeitsplätze in Aicha vorm Wald und Straßkirchen ein dramatischer Wirtschaftskrimi ab, der nach Vorstellungen der Gewerkschaft IG Metall lösbar ist, wenn sich das Unternehmen von seinem Eigentümer Gramax befreit.

Der Plan scheint riskant doch die Gewerkschaft hält eine einvernehmliche Lösung für unrealistisch.

Soll die Firma überleben, muss ein neuer Investor her. Ein Insolvenzverfahren ist aus Sicht der IG Metall der effektivste Weg, um die jetzigen Eigentümer loszuwerden, die sich nicht nur mit Hauptkunde VW überworfen haben, sondern auch mit einer von Pleiten gespickten Vergangenheit nach Aicha kamen. Rund 430 Mitarbeiter beschäftigt die A-Kaiser GmbH derzeit noch an ihren Standorten in Aicha vorm Wald und Salzweg-Straßkirchen. Einige Beschäftigte haben die Firma verlassen, auch aus der Führungsebene. Der Großteil der Belegschaft ist in Kurzarbeit. In den Hallen, in denen sonst Kupplungs- und Getriebegehäuse, Schalträder, Bremsscheiben und -trommeln sowie weitere Teile für die Automobilindustrie bearbeitet werden, ist es still geworden.

Streit mit Volkswagen

Nicht nur die Pandemie macht A-Kaiser zu schaffen. Nach PNP-Informationen haben sich Geschäftsführung und Gesellschafter des Zulieferers mit Volkswagen überworfen. Die Preisverhandlungen mit dem Branchenriesen sind eskaliert, Ende Mai kündigte VW die Verträge. Damit brach in Aicha und Straßkirchen ein Großteil der Produktion weg. 95 Prozent des Umsatzes soll A-Kaiser mit VW generieren. Der Geschäftsführer hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Volkswagen AG die fristlose Kündigung der Abnahme- und Lieferverträge angefochten. Doch es heißt, VW sei nicht mehr bereit, mit den jetzigen Gesellschaftern seines Zulieferers zusammenzuarbeiten.

Es wäre nicht die erste Insolvenz für die Gießerei. In Folge der Wirtschaftskrise 2009 geriet die damals noch inhabergeführte Kaiser GmbH in Probleme; 2014 war sie zahlungsunfähig. Die Amtek-Gruppe aus Indien übernahm den Betrieb, der seither ein A vor dem Namen trägt. Als die hoch verschuldete Amtek 2017 zerschlagen wurde, ging A-Kaiser an eine Treuhand, die im Oktober 2018 einen Käufer für die mit hohen Verbindlichkeiten belastete Firma fand: die Gramax Invest AG in der Schweiz. Dahinter stehen die beiden Deutschen Alexander Schwarz und Achim Pfeffer.


Bereits mehrere Unternehmen durch Investor geschädigt

Belegschaft und Gewerkschaft setzten Hoffnungen in den neuen Eigentümer, doch frühere Übernahmen von Gramax zeigen, dass der Investor nicht unbedingt ein Sanierer ist. Mehrere Firmen, die Gramax gekauft hat, existierten ein, zwei Jahre später nicht mehr. Seit 2018 ermittelt die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern im Insolvenzfall des pfälzischen Möbelherstellers CS Schmal, bei dem Pfeffer persönlich die Geschäftsführung übernommen hatte. Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass CS Schmal durch den Investor bewusst geschädigt wurde. Der Autoteilezulieferer Küpper aus der Nähe von Wuppertal, der auch einst Amtek gehörte, und im Mai 2019 von Gramax übernommen wurde, war im April 2020 pleite. Dort eskalierten Preisverhandlungen, bis die Kunden absprangen – wie nun bei A-Kaiser.

Um die Firma und die Arbeitsplätze zu retten, steht für den Gewerkschafter fest: "Die Gesellschafter müssen weg." Dafür sieht er derzeit nur einen Weg: eine Insolvenz. Sie würde die Chance auf einen neuen Eigentümer eröffnen. Für die erhoffte Kehrtwende hat sich die IG Metall Passau Unterstützung geholt: Frank Günther von One Square Advisors in München. Das Unternehmen ist auf die Restrukturierung von kriselnden Firmen spezialisiert. Unter den Referenzen finden sich Tui, Halberg Guss und Eterna. Günther sagt auf PNP-Anfrage offen: "Wir sind interessiert, an einer Lösung für A-Kaiser mitzuwirken." Doch aktuell gibt es noch viele offene Fragen.

Ein Problem ist die komplexe Firmenstruktur, die Gramax rund um A-Kaiser geflochten hat. So gehört der Autoteilezulieferer nicht direkt der Schweizer Muttergesellschaft, sondern der eigens geschaffenen G-Holding AK Share GmbH in München. Der Maschinenpark wurde nach der Übernahme an die G-AK Loan GmbH in München verkauft und zurückgemietet. Bei beiden ist Achim Pfeffer Geschäftsführer. Wer A-Kaiser übernehmen will, muss also sicherstellen, dass der Einfluss der Gramax nicht fortbesteht.

IG Metall setzt sich für neue Aufträge von VW ein

Im August 2020 kaufte A-Kaiser seine Maschinen wieder zurück, um Mietkosten zu sparen und die laufende Liquidität zu verbessern. Damit sollten wohl die Voraussetzungen geschaffen werden für die Auszahlung von 12,5 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes. Die Summe wurde laut Geschäftsbericht teils als stille Beteiligung, teils als Nachrangdarlehen beantragt und im Januar zugesagt. Vor einem Eigentümerwechsel bestünde Klärungsbedarf beim WSF.

Wer im Falle einer Insolvenz den Zuschlag für A-Kaiser bekommt, ist offen. Zu erwarten ist, dass den Kunden, allen voran Volkswagen, eine Schlüsselrolle zufällt – auch in der Frage, ob es überhaupt weitergeht. Laut  Gewerkschafter Starkl setzt sich die IG Metall im VW-Aufsichtsrat dafür ein, dass die Wolfsburger wieder Aufträge an A-Kaiser zusichern. Die Voraussetzung dafür: Der Zulieferer muss seine Eigentümer loswerden.

Quelle: Passauer Neue Presse (PNP), Sabine Kain und Werner Müller, Betriebsratsvorsitzender A-Kaiser

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