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Die Große Gießereitechnische Tagung am 25. und 26.04.2024 in Salzburg im Zeichen des Aufbruchs

Gießereiverbände fordern Planungssicherheit, angemessene Energiepreise und Bürokratieabbau

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Thomas Fritsch, Chief Editor
Christa Zengerer
Marcel Menet
Max Schumacher

Die deutschsprachige Gießereiwelt steht im Jahr 2024 vor großen Herausforderungen. Während einige Segmente einen bemerkenswerten Aufschwung erleben, stehen andere vor dem zunehmenden Druck durch neue Wettbewerber und Produkte, sich verändernde Lieferkettenstrukturen und neue Geschäftspotenziale. Vor diesem Hintergrund müssen die strategischen Prioritäten angepasst werden.

Im Namen der österreichischen, schweizerischen und deutschen Gießereiverbände wird Salzburg am 25. und 26. April 2024 wieder zum Zentrum der deutschsprachigen Gießereiwelt.

 Die "Große Gießereitechnische Tagung 2024" wird ein wichtiges Forum für den Informations- und Erfahrungsaustausch für Gießer, Gussanwender und die Zulieferindustrie sein.

Im Vorfeld wollen wir einen Blick in die verschiedenen Regionen werfen und haben dazu die Verantwortlichen der Verbände aktuell befragt:

DI Christa Zengerer

Geschäftsführerin OGI, Österreichisches Gießerei-Institut

Marcel Menet

Geschäftsführer Gießereiverband der Schweiz GVS

Max Schumacher

Hauptgeschäftsführer BDG, Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie

1) Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Situation in der Gießereiindustrie für ihr Land?

 

Christa Zengerer

Die gegenwärtige Situation in der Gießereiindustrie in Österreich ist von verschiedenen Herausforderungen geprägt. Aufgrund der globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten und der zunehmenden Regulierungen stehen die Unternehmen vor Herausforderungen wie steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe, sowie einem verstärkten Wettbewerbsdruck aus dem Ausland. Trotzdem gibt es auch positive Aspekte, wie beispielsweise das Bestreben vieler Unternehmen, innovative Technologien einzuführen und die Produktionsprozesse zu optimieren.

Marcel Menet

Da viele Schweizer Gießereien stark exportorientiert sind, hängen die Aussichten wesentlich von der konjunkturellen Entwicklung der für uns wichtigen Zielmärkte wie Deutschland und Frankreich ab. Der anhaltend starke Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken erzeugt Teuerungen im Export, die kurzfristig nicht zu kompensieren sind und so das Exportgeschäft stark belasten. Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einer weiteren Abkühlung. Gemäß Aussagen einiger Großkunden soll sich eine Erholung erst im Laufe der zweiten Jahreshälfte abzeichnen und die Nachfrage wieder anziehen, teils mit einer Stabilisierung auf tiefem Niveau.

Max Schumacher

Die Produktion sank 2023 insgesamt um 1,6 % - ein sehr schwacher Jahresabschluss. Und auch in den ersten Monaten 2024 kommt die Konjunktur nicht in Schwung. Die Gießerei-Industrie befindet sich aktuell in schwerem Fahrwasser. Ob und wie weit sie in der zweiten Jahreshälfte zulegen kann, ist aufgrund der geoökonomischen und bundespolitischen Rahmenbedingungen schwer einzuschätzen. Die Gespräche, die ich bislang mit Gießern führen konnte, zeigen dann auch, dass ihre Jahresplanung mit massiven Unsicherheiten belastet ist. Immer öfter und dringlicher wird die Forderung an die Politik nach Planungssicherheit laut.

Allgemein wird erwartet, dass die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte schrittweise gesenkt werden. Das hätte Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft im Allgemeinen und natürlich auf die Bauindustrie im Besonderen. Auch die Gießereien können von möglichen Effekten auf die Kundenbranchen profitieren, so dass die 5 % für die Gießerei-Industrie zum Jahresende doch noch übertroffen werden könnten.

Christa Zengerer – „Wir müssen bürokratische Hürden und hohe Steuern abbauen und ich fordere ad hoc eine bessere Koordinierung zwischen Unternehmen, Regierung und Bildungseinrichtung“

Max Schumacher – „Wir brauchen Planungssicherheit, Deutschlands energieintensiver Mittelstand bekennt sich zum Standort und zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit. Wir ragen mit unseren Produkten und Innovationendie Transformation und ermöglichen Klimaschutz und Dekarbonisierung.“

2) Die Unternehmen des kompletten Gießereiumfelds hadern momentan mit diversen Unwägbarkeiten. Welche Hindernisse und Verunsicherungen könnten durch gute Standortbedingungen national wir europäisch sofort verbessert werden? Was fordern Sie ad hoc?

 

Christa Zengerer

Um die Standortbedingungen für die Gießereiindustrie sowohl national als auch europaweit zu verbessern, ist es entscheidend, Hindernisse wie bürokratische Hürden und hohe Steuern abzubauen. Gute Infrastruktur, Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften und eine förderliche Forschungs- und Innovationslandschaft sind ebenfalls wichtig. Ad hoc fordere ich eine bessere Koordination zwischen den Unternehmen, der Regierung und den Bildungseinrichtungen, um die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften zu verbessern und Innovationen voranzutreiben.

Marcel Menet

Sorge bereitet den Schweizer Gießereien zurzeit das nachhaltige Einpreisen der Energieteuerungen – nebst der grundsätzlichen Teuerung. Hier bedarf es Finderspitzengefühl bei den Kundengesprächen.

Dazu kommen die Auswirkungen der interventionistischen Politik der Großen Wirtschaftsblöcke USA, China und EU. Europa ist gezwungen, mit den USA und China im Subventionswettbewerb gleichzuziehen, da ansonsten Unternehmen aufgrund der Standortnachteile abwandern. Ein kleines Land wie die Schweiz hat hier nur begrenzte Möglichkeiten in diesem Subventionswettkampf mitzumischen.

Hinzu kommt, dass vor allem die europäische Interventionspolitik unter dem Deckmantel des «European Green Deal» zusätzlich die Märkte und damit die Preisstrukturen verzerrt. Es wäre wünschenswert, wenn die Schweiz auf diese Verzerrungen reagiert, sei es durch Förderprogramme für die energie-intensive Industrie oder beispielsweise einem Industriestrompreis

Max Schumacher

Die Unternehmen der Gießerei-Industrie brauchen – wie die Unternehmen anderer Industriesektoren auch – Planungssicherheit. Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie wiederherzustellen, ist schnelles und entschlossenes politisches Handeln erforderlich. Der sich bereits abzeichnende Niedergang Deutschlands als Industriestandort hat gravierende Folgen für den allgemeinen Wohlstand, die Versorgung mit wichtigen Produkten, die Transformation zur Klimaneutralität und die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Um es klar zu sagen: Die deutsche Industrie steht angesichts des Klimawandels hinter der Transformation zur Klimaneutralität. Sie will ihre Produktionsprozesse schnellstmöglich dekarbonisieren und sieht sich als aktiver Enabler der Transformation. Das ist aber eine Jahrhundertaufgabe, die nur mit einer leistungsstarken und international erfolgreichen deutschen und europäischen Industrie zu bewältigen ist. Deutschlands energieintensiver industrieller Mittelstand bekennt sich ausdrücklich zum Standort Deutschland, zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit und damit zu umfassender unternehmerischer Verantwortung. Wir tragen mit unseren Produkten und Innovationen die Transformation und ermöglichen Klimaschutz und Dekarbonisierung.

Es stellt sich aber für uns die Frage: Ist Industrieproduktion – ausdrücklich auch des energieintensiven industriellen Mittelstandes – am Standort Deutschland weiterhin gewollt?

Gesellschaft und Verwaltung müssen umdenken: Das Zulassen, nicht das Verhindern wertschöpfender Industrieproduktion als Basis für Arbeitsplätze und Wohlstand in allen Teilen Deutschlands ist das Gebot der Stunde. Unsere Forderung an die Politik geht daher konkret in Richtung grundlegende politische Weichenstellungen, die die Unternehmen entlasten. Und die bisher für die Transformation geschaffenen Instrumente müssen daraufhin geprüft werden, ob sie den Klimaschutz wirklich voranbringen oder ob sie lediglich mehr Aufwand und Verteuerung bedeuten. 

Wir haben daher zusammen mit anderen Verbänden das Bündnis faire Energiewende (BfE) gegründet und haben unsere Forderungen für die deutsche Industrie in einem Manifest zusammengefasst. Es kann unter Ein Manifest für die mittelständische Industrie! (faire-energiewende.de) heruntergeladen werden. Politische Entscheidungsträger auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sind aufgefordert, ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland abzugeben.

3) Die deutschsprachigen Länder nehmen in der Gießereiindustrie eine führende Rolle in Europa und der Welt ein. Welche Trends mit positiven Entwicklungschancen sehen sie momentan und was wird sich durchsetzen?

 

Christa Zengerer

In der deutschsprachigen Gießereiindustrie gibt es einige positive Entwicklungschancen. Dazu gehören beispielsweise die verstärkte Nutzung von digitalen Technologien wie 3D-Druck und die Simulation von Gusskomponenten- und prozessen, um die Effizienz der Produktion zu steigern. Ebenso könnten umweltfreundliche Fertigungsmethoden und Materialien an Bedeutung gewinnen. Diese Trends werden sich voraussichtlich weiter durchsetzen, da sie sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile bieten.

Marcel Menet

Eine große Herausforderung für die ganze Industrie und die Gesellschaft im Allgemeinen ist die Dekarbonisierung. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sehr viele Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit stattfinden. Einige Gießereien möchten beispielsweise Erdgas und Öl durch CO2-neutrale Energieträger ersetzen. Für den Ersatz durch Elektrizität gibt es konkrete Projekte, der Einsatz von Wasserstoff ist eher noch in der Ideenphase. Grundsätzlich fördern die Trends im Klimaschutz und in der Individualmobilität hin zu Leichtbau die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen und innovativen Gusslösungen.

Max Schumacher

Der hohe Ausbildungsstandard und interdisziplinäre Kompetenz in der Forschung sind ein ganz klares und großes Plus für die deutschsprachigen Länder, aus dem ihre führende Stellung bei der Entwicklung von Schlüsseltechnologien resultiert. In Kombination mit einem exzellent aufgestellten Mittelstand sichern sie sich so die technologische Souveränität im internationalen Wettbewerb.

Green Production, Circular Economy, Nachhaltigkeit sind zunehmend die Randbedingungen der Weltwirtschaft. Das dürfte dazu führen, dass die zulässigen Grenzwerte für den CO2-Footprint o.Ä. weiter verschärft werden. Insbesondere im deutschsprachigen Raum wird deshalb schon jetzt intensiv an technologischen Lösungen gearbeitet. Eine noch stärkere Verzahnung innovativer Bereiche wie KI, Material Science, Industrial Engineering ist hierbei ganz klar erkennbar.

Die Bündelung dieser Kompetenz ermöglicht es, neue Werkstoffe und Prozesse mit intelligentem Design zu entwickeln und derart zu kombinieren, dass die Grenzen des Leichtbaus weiterhin verschoben werden können - bei gleichzeitiger Berücksichtigung nachhaltiger Produktionsprozesse. Automotive und Energy sind da starke Treiber. Wir sind Technologieführer und ich sehe da noch viel Entwicklungspotenzial. Und die Gießerei-Industrie im deutschsprachigen Raum wird maßgeblich beteiligt sein.

4) Wie kann man die Standorte halten, gleichzeitig für die Transformation und Digitalisierung fit machen und dem Fachkräftemangel begegnen? Reichen gute Ausbildung und Erfahrung oder werden die Angebote künftig noch austauschbarer?

 

Christa Zengerer

Um die Standorte zu erhalten und sie für die Herausforderungen der Transformation und Digitalisierung vorzubereiten, ist eine umfassende Strategie von entscheidender Bedeutung. Neben der Schärfung der Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter ist verstärkte Investition in Forschung und Entwicklung unerlässlich. Die Bedeutung von Innovationen liegt darin, dass Unternehmen dabei unterstützt werden, wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Märkte zu erschließen.
Es ist ebenso von großer Bedeutung, attraktive Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten, um Fachkräfte langfristig zu binden und ihr Engagement zu fördern.
Zusätzlich können flexible Arbeitsmodelle und die Nutzung digitaler Plattformen zur Vernetzung von Fachkräften dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu mildern. Insgesamt ist eine Kombination aus Investitionen in F&E, Mitarbeiterentwicklung und die Schaffung einer flexiblen Arbeitsumgebung entscheidend, um den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu begegnen und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.

Marcel Menet

Die IT-Security und die Digitalisierung bzw. Automatisierung wird in Schweizer Gießereien dank intensiver Ausbildung der Mitarbeiter stark vorangetrieben. Eine Herkulesaufgabe bleibt auch in diesem Jahr der anhaltende Fach- und Hilfskräfte-Mangel. Massive Führungskräfte- und Mitarbeiterschulungen sind nötig, denn es braucht sowohl in der Breite wie in der Tiefe Fach- und Führungs-Knowhow, damit komplexe Bauteile mit hochautomatisierten Prozessen stabil gefertigt werden können.

Max Schumacher

Zum Thema Fachkräfte könnten wir eine eigene Fachkonferenz machen, daher will ich hier nur einige wenige Bemerkungen loswerden: Sicher ist, dass die Austauschbarkeit gerade das ist, von dem wir uns absetzen können und müssen. Wir sind Technologieführer und müssen hart daran arbeiten, dies auch in Zukunft zu bleiben. Ich hatte das soeben ausgeführt. Als Verband sind wir auf allen oben angesprochenen Gebieten unterwegs, um der Branche Hilfestellungen zu bieten. Einige Beispiele: Mit dem Projekt ReGain versuchen wir, KI in viele Bereiche des Gießprozesses zu integrieren. In puncto Fachkräfte – oder genauer Arbeitskräfte – muss sich die Branche als attraktiver Arbeitgeber profilieren, um im Wettbewerb um Mitarbeiter die Nase vorne zu haben. Da Guss ein wesentlicher Bestandteil der Transformation ist, können wir zum Beispiel dem Wunsch der jungen Generation, mit der Arbeit nicht nur einen Job zu machen, sondern sinnvolle nachhaltige Beiträge zu leisten, sicher nachkommen. Das sorgt dann dafür, dass wir motivierte Mitarbeiter haben werden, die uns von der Masse abheben und eben nicht austauschbar sind.

Marcel Menet – "Das wichtigste Branchentreffen der D-A-CH-Gießereiindustrie soll ein Zeichen des Aufbruchs sein"

5) Welche Impulse erwarten Sie von der Großen Gießereitechnischen Tagung in Salzburg, haben Sie einen persönlichen Wunsch?

 

Christa Zengerer

Ich erhoffe mir, dass die Große Gießereitechnische Tagung in Salzburg einen lebhaften Austausch zwischen sämtlichen Akteuren der Gießereiindustrie ermöglicht. Zusätzlich zu meinen Erwartungen an einen regen Austausch von Wissen und Erfahrungen wünsche ich mir auch eine angenehme und gesellige Veranstaltung, bei der sich die Teilnehmer in entspannter Atmosphäre vernetzen und unterhalten können.

Marcel Menet

Es entspricht einem großen Bedürfnis der Branche, sich gerade in schwierigeren Zeiten austauschen zu können. Der wichtigste Branchentreff der D-A-CH Gießerei-Industrien soll ein Zeichen des Aufbruchs werden!

Max Schumacher

Zunächst einmal freue ich mich darauf, dass wir in dem großartigen Salzburger Ambiente die Gießer aus den deutschsprachigen Ländern zusammenbringen, so dass sie sich ungezwungen austauschen können. Auch das Programm ist vielversprechend. Es spannt einen weiten Bogen von interessanten gießereitechnischen Beiträgen über wichtige Impulse zu Nachhaltigkeitsthemen und Circular Economy, bis hin zu Paneldiskussionen. Auf die spannenden Keynotes zu Beginn und Ende der Tagung freue ich mich persönlich besonders. Das sollte man nicht verpassen. Die Ausstellung ist ebenfalls bestens gebucht, sie wird zu manchem Fachgespräch Anlass geben. Hatte ich schon erwähnt, dass der Gießerabend wieder einmal ein Highlight sein wird? Ich glaube schon, aber das kann man nicht oft genug erwähnen

Worauf freue ich mich? Darauf, einer Traditionsindustrie in stürmischen Zeiten, ihre Chancen, ihre Relevanz und ihr Potenzial zu zeigen, auch, kompromisslos das Bekenntnis zu heimischem Guss einzufordern.

Mein persönlicher Wunsch ist, dass ich bei der Abreise die dringende Empfehlung der Teilnehmer mitnehmen kann, dieses Treffen alsbald zu wiederholen. Ich wäre dabei!

Glück auf!

 

Desinged von: Maximilian Schröck – Foundry-Planet GmbH


 

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Große Gießereitechnische Tagung 2024

Auerspergstraße 6
5020 Salzburg
Österreich

Telefon: +49 (0)211 6871 - 335

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