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150 Jahre Handtmann – Ökologische Nachhaltigkeit aus einem Guss

Unter dem Motto „Ideen mit Zukunft. Seit 1873“ feiert die Handtmann Unternehmensgruppe 2023 ihr 150-jähriges Bestehen. Im April dieses Jahres übergab Geschäftsführer Thomas Handtmann die Unternehmensgruppe an seinen Sohn Markus Handtmann und seinen Neffen Valentin Ulrich, die das Technologieunternehmen in fünfter Generation leiten.

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International Editor Diana, Engelmann

Handtmann bietet seinen Kunden einen signifikanten Mehrwert in der frühen Konzeptionierung und Entwicklung von Komponenten und Systemen. Zum Beispiel durch hausinterne Designingenieure, die von Beginn an das maximale Optimierungspotential bei Bauteilen ausschöpfen. Im Interview berichten Dipl. -Ing. Dr. Katharina Faerber, Innovations-Managerin und Dipl. -Ing. Denis Hopp, Abteilungsleiter für Werkstofftechnologie, welche Erfolge in der Vergangenheit realisiert werden konnten und welche Herausforderungen in der Zukunft warten.

Foundry-Planet: Das Nachhaltigkeitskonzept bei Handtmann ist sehr beeindruckend. Wie viel Primäraluminium verarbeitet Handtmann eigentlich?

Katharina Faerber: Sekundärlegierungen machen derzeit noch den Großteil aus, doch der Anteil an Primäraluminium steigt kontinuierlich! Die Produktion vieler Bauteile, die in Verbrennungsmotoren eingebaut werden, bricht weg. Auch haben sich die Anforderungen an die Bauteile geändert, wobei wir mit klassischen Sekundärlegierungen diese Standards nicht mehr erfüllen können. Der Bedarf nach Primärlegierungen steigt also, doch aufgrund ihres CO₂-Fußabdrucks und ihres Gewichts, das im EU-Durchschnitt bei rund 6,8 kgCO2/kgAl liegt, haben sie keinen guten Ruf. Unser Ziel besteht deshalb darin, die Nachteile der Primärlegierungen mit den Vorteilen der Sekundärlegierungen auszugleichen.

Foundry-Planet: Ihre Zusammenarbeit mit den Kunden beginnt bereits beim Design der Legierung, um den CO₂-Fußabdruck zu beeinflussen. Selbst Gießereien mit langjähriger Erfahrung trauen sich nicht, das Design zu verändern. Wie gehen Sie dabei vor? Wie muss man sich das vorstellen?

„Wir können die Gusssimulation und das Design parallel entwickeln“

Katharina Faerber: Handtmann ist an dieser Stelle sehr proaktiv, da wir das Design technischer Bauteile optimieren können. Das befindet sich jedoch noch in einem sehr frühen Stadium. Eine der großen Herausforderungen ist die straffe Zeitschiene der Entwicklung. Hinsichtlich Leichtbau, optimaler Industrialisierung und Materialauswahl wählen wir für unsere Kunden einen Ansatz, den wir schnell optimieren und parallel laufen lassen können.

Denn Schnelligkeit ist uns sehr wichtig. Unser Ziel ist es deshalb, Kunden innerhalb weniger Wochen ein Angebot zu unterbreiten. Beim letzten Kundenauftrag konnten wir bei einem Bauteil zwischen 25 und 30 Prozent an Gewicht einsparen. Natürlich kann unser Kunde auch selbst eine Topologieoptimierung durchführen, doch sie muss gießbar sein! Und hier kommen wir ins Spiel. Denn wir können den Gießprozess inklusive der Simulation parallel zum Bauteildesign entwickeln.

Foundry-Planet: Was unterscheidet Sie von anderen Gießereien?  

Katharina Faerber: Gießen ist unser Kernbusiness. Kontinuierliche Weiterentwicklung und Kundensupport gehören ebenfalls zu unseren Prioritäten. Dabei setzen wir ganz auf das Know-how unserer Mitarbeitenden, die durch fundiertes Fachwissen und viel Erfahrung auch für komplexe Herausforderungen tragfähige Lösungen finden.

„Gießen ist unser Kernbusiness, doch kontinuierliche Weiterentwicklung und Kundensupport gehören ebenfalls zu unseren Prioritäten“

Foundry-Planet:  Wie reagiert Handtmann auf die neuen Herausforderungen in der Industrie?

Katharina Faerber: Mit der Abteilung Business Development und den darin integrierten Funktionen des Innovations-, Produkt- und Technologiemanagements betrachten wir sehr genau was in Zukunft notwendig sein wird und leiten ab, mit welchen Maßnahmen wir den Herausforderungen begegnen.

Denis Hopp: Die gesamte Branche befindet sich zweifellos im Wandel. MEGA oder GIGA-Casting sind die Themen, über die derzeit gesprochen wird. BMW hat das sogenannte „Injektor-Casting“ für E-Mobilität entwickelt. Ebenfalls gibt es verbesserte Füllprozesse. Was wir beobachten, ist, dass momentan viel Input von außen auf die Gießereien einströmt, wobei nicht alles davon ziel- oder erfolgversprechend ist. Wir müssen uns immer wieder aufs Neue entscheiden, welche Technologien für uns interessant sind und in welche Richtung wir uns entwickeln möchten. Bis vor kurzem hatten wir noch das Lost-Foam Verfahren. Hin und wieder muss man sich eben von alten Technologien lösen. Letztens hatte ich die Möglichkeit, die Produktion der 5. Generation an BMW E-Motorengehäuse anzuschauen. Ich finde es sehr beeindruckend, wie der „gesamt Prozess“ bei BMW - vom Herstellen der Kerne bis zum Prüfen der Gussteile - miteinander verknüpft ist.

Foundry-Planet: Es ist spannend, die Vielfalt der Prozesse zu beobachten, die gerade im Kommen sind. Wir befinden uns in einer Zeit der Transformationen. Wie bekommt man das hin als Unternehmen, wenn Gussteile für ICEs in der Stückzahl zurückgehen? Sind vielleicht andere Technologien eine Alternative?

Denis Hopp: Melt-Conditioning ist eine solche mögliche Alternative. Aktuell bewerten wir die unterschiedlichen Technologien der Schmelzevorbehandlung sehr intensiv.

„Selbst wenn wir „nur“ in unserem Kerngeschäft bleiben, blicken wir auf eine verheißungsvolle Zukunft, gerade weil es im Aluminiumbereich gute Substitute gibt“

Foundry-Planet: Wir hatten letztens ein interessantes Gespräch, in dem es darum ging, Waschbecken zu gießen. Glauben Sie, dass es in Zukunft in diese Richtung gehen wird?

Katharina Faerber: Der Aluminiumanteil im Fahrzeug wird steigen. Natürlich betrachten wir die Entwicklungen in allen Produktgruppen rund ums Fahrzeug, auch diese die uns bis dato nicht zugänglich waren. Denn durch Entwicklungen von Prozessen können Eintrittsbarrieren überwunden werden.

Denis Hopp: Grundsätzlich können auch andere Märkte für uns interessant sein. Ein Beispiel hierfür ist der Bereich der Kommunikation mit den Gehäusen für die 5G-Technik. Generell spielt Leichtbau für uns nicht nur im Automobilbau eine wichtige Rolle, schließlich gibt es ja auch im LKW-Bereich interessante Gehäuse für die Elektromobilität zu gießen.

Natürlich sind für uns Kunden, die eine hohe Stückzahl abnehmen, am interessantesten. Doch auch wenn wir „nur“ in unserem Kerngeschäft bleiben würden, blicken wir auf eine verheißungsvolle Zukunft, gerade weil es im Aluminiumbereich gute Substitute für die E-Mobilität gibt, im Vergleich zum Eisenguss.

Foundry-Planet: Das zeigt, dass Ihr Unternehmen auf dem richtigen Weg ist, indem Sie als Tier ONE mit MEGA-Casting einsteigen. Mit der neuen Anlage sind Sie bereits den ersten Schritt gegangen. Bedeutet das, dass noch viele weitere Schritte folgen werden?

Katharina Faerber: Handtmann wird kontinuierlich in die Weiterentwicklung des Megacasting sowie der darüberhinausgehenden Prozesse investieren. Anfang 2024 wird die Großgussanlage in Biberach aufgebaut sein. Gerne können Sie bei uns vorbeikommen, um sich die Anlage anzuschauen!

Foundry-Planet: Vielen Dank, die Einladung nehmen wir gerne an. Letzte Frage: Der Wettbewerb zwischen Druckguss und Kokillenguss: Wie geht man damit um?

Denis Hopp: Damit gehen wir gelassen um, da wir unterschiedliche Produktgruppen bedienen. Meine Wahrnehmung ist, dass es intern keine Konkurrenz gibt. Bei Bedarf wählen wir die Methode, die für uns die bessere ist.

Katharina Faerber: Kokillenguss kann eine Alternative sein, doch primär sind wir Druckgießer.

Foundry-Planet: Wir bedanken uns für das Interview und freuen uns darauf, Sie bald auf der GIFA wiederzusehen!

Das Interview führten Thomas Fritsch, CEO, Foundry-Planet und Diana Engelmann, Redakteurin, ebenfalls Foundry-Planet.

Informationen über Handtmann Metallgusswerk GmbH & Co. KG  

  • Firmengründung: 1873

  • Hauptsitz: Biberach an der Riß

  • 4.300 Beschäftigte weltweit (Stand 2022)

  • 1,1 Mrd. Euro Umsatz (Stand 2022), davon 597 Mio. Euro im Leichtmetallguss

  • 6 Geschäftsbereiche (Leichtmetallguss, Füll- und Portioniersysteme, Anlagentechnik, Kunststofftechnik, Systemtechnik, e-solutions)

 


 

Firmeninfo

Albert Handtmann Metallgusswerk GmbH & Co. KG

Arthur-Handtmann-Str. 25-31
88400 Biberach
Germany

Telefon: +49 7351 342-0

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