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Fragen HZwei zu Flüssig/Cryo-Wasserstoff an SAG

Pressemitteilung | Lesedauer: min

Wie schätzen Sie das Potenzial von Wasserstoff im Bereich Schwerlastverkehr in den kommenden Jahren ein?

Als Treibstoff im Schwerlastverkehr ist Wasserstoff sehr gut geeignet. Insbesondere Reichweite und Betankungszeit sind vergleichbar mit Diesel-LKWs, 2 Faktoren, welche für die Wirtschaftlichkeit im Fernverkehr von großer Bedeutung sind. Erste Flotten betrieben mit gasförmigen Wasserstoff sind schon im Einsatz, z.B. in der Schweiz wo im Moment 100 H2-LKWs im regulären Betrieb unterwegs sind. Diese Zahl soll bis 2025 auf 1600 Fahrzeuge wachsen. Ähnliche Projekte gibt es in weiteren europäischen Staaten, LH2-Trucks werden wir bis spätestens 2025 auf der Straße sehen.

Welche zusätzlichen Anwendungsgebiete adressieren Sie mit Ihren Lösungen? Und wie schätzen Sie dort die Marktpotenziale ein?

Insbesondere auf dem Transportsektor (Bahn-, Flug- oder Schiffverkehr) sehen wir weitere Anwendungsgebiete für unsere LH2-Kryotanklösungen. In diesen Bereichen können wir zur Dekarbonisierung beitragen, ohne markante Einschnitte bei Leistung oder Effizienz verglichen mit fossilen Energieträgern in Kauf nehmen zu müssen.

Was ist der aktuelle Stand Ihres Flüssig-H2-Betankungsprojekts? Was wurde bislang schon erreicht?

Die Entwicklung unseres LH2-Tankes läuft inzwischen seit ca. 3 Jahren. Im Q4 2021 wurde der erste zertifizierungsfähige Prototyp intensiv mit Flüssig-Wasserstoff getestet. Im Moment laufen Versuche zur Integration am Fahrzeug und Antriebsstrang. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend und bieten eine gute Basis zur weiteren Optimierung des Tankdesigns.

Was sind die nächsten Schritte (jeweils mit Angabe der Zeiträume)?

Als nächster Schritt soll diese Tankgeneration eine uneingeschränkte Zulassung für den Betrieb auf europäischen Straßen erhalten (bis Ende 2022).

In der Folge steht die Industrialisierung und Standardisierung des Fertigungsprozesses, welche für eine Serienproduktion im Automotive-Bereich erforderlich sind, an. Ebenso muss der Tank einer ausführlichen Produktvalidierung zur Absicherung der geforderten Lebensdauer unterzogen werden. Zu diesem Zweck ist es unerlässlich den Tank, auch in Kundenhand, im regulären Straßenbetrieb ausgiebig zu testen (2023-2025). Danach folgt der Aufbau der Serienfertigung.

Was sind noch die größten technischen Herausforderungen, die sich auf dem Weg stellen und bewältigt werden müssen?

SAG hat langjährige Erfahrung mit der Serienproduktion von LNG-Kryotanks. Die nochmals deutlich geringere Speichertemperatur von LH2 (-250 °C) erhöht allerdings die Anforderungen an die Komponenten des Tanks beträchtlich, auch Materialkompatibilität mit H2 ist ein Thema. Eine weitere große Herausforderung stellt die Vermeidung von H2-Boil-Off dar, welche eine exzellente Vakuumisolation sowie hoch spezialisiertes Tankdesign (Leitungsführung etc.) erfordert. Die LH2-Kryotanktechnologie praxistauglich und vor allem wirtschaftlich konkurrenzfähig zu gestalten, und dabei den Anspruch des Kunden an maximale Leistung, Funktionalität und Kapazität zu erfüllen, stellt wohl die größte Herausforderung dar.

Mit welchen Konzepten gehen Sie jeweils diese Herausforderungen an?

Am Beispiel Materialkompatibilität kann man unsere Herangehensweise gut beschreiben: Aufgrund der geringen Speichertemperatur sowie der Gefahr von H2-Versprödung ist hochlegierter Edelstahl der am besten geeignete Werkstoff für die LH2-Tankproduktion. Nachteilig ist vor allem der Preis sowie das Gewicht der Konstruktion.  Um eine entsprechende Balance zwischen den diametralen Anforderungen an das Tankdesign zu finden, ist es wichtig mit dem Kunden genau abgestimmt zu sein. Dies gilt ebenso für unsere Zusammenarbeit mit den zahlreichen hochspezialisierten Zulieferunternehmen, um eine reibungslose Integration der verschiedenen Komponenten in das Tanksystem zu ermöglichen. Teamwork, über das eigene Unternehmen hinaus, ist wohl unser wichtigstes Konzept zur Lösung der vor uns liegenden Herausforderungen.


Wie schätzen Sie die Chancen von Flüssig-H2 im Vergleich zur Alternative gasförmig/Hochdruck ein?

Die kryogene Speicherung von Wasserstoff macht überall dort Sinn, wo die Vorteile dieser Speicherlösung, allen voran höhere Energiedichte und geringere Kosten, die Nachteile in der Anwendung, z.B. H2-Verlust bei langen Standzeiten, überwiegen. Der Einsatz von Flüssig-H2 ist somit prädestiniert für kostengetriebene Anwendungen mit hohem Energiebedarf, deren Betriebszyklen kaum Leerlauf aufweisen. Der zusätzliche Energieaufwand bzw. die höheren Kosten, welche bei der Verflüssigung von H2 anfallen, können zudem dort gerechtfertigt werden wo höhere Energiedichte zu einer entscheidenden Kostenreduktion führt (z.B. Langstreckentransporte).

Welche Chancen sehen Sie in Cryogas als quasi Verbindungsglied der beiden Technologien?

Kryogas bietet eine Möglichkeit die Energiedichte des Speichersystems im Vergleich zu LH2 weiter zu erhöhen. Ebenso ist H2-Verlust durch Boil-Off ein deutlich kleinerer Faktor, da der Druckbehälter bis zu 350 bar konzipiert ist. Dem gegenüber stehen die kombinierten Anforderungen des Systems hinsichtlich Wärmeisolation sowie Hochdruckanwendung. Einen vakuumtauglichen Hochdruckbehälter mit den Anforderungen an vorwiegend mobile Anwendungen zu vereinen, stellt eine große Herausforderung dar.

Was bedeutet die Existenz verschiedener Alternativen für das H2-Tankstellennetz?
Inwieweit ist es sinnvoll und ökonomisch umsetzbar, auf verschiedene Technologien bei der Betankung von Schwerlast-Lkw zu setzen?

Gerade in der Übergangsphase werden wir beide Speichersysteme und somit auch Betankungsalternativen am Schwerlast-LKW sehen. In weiterer Folge wird sich die technologisch überlegene, aber vor allem kosteneffizientere Variante durchsetzen. Aus ökonomischer Sicht macht es keinen Sinn, zweigleisig zu fahren. Für den Durchbruch von H2 als Treibstoff ist es daher immens wichtig, dass von politischer Seite rasch die Weichen gestellt werden für den Aufbau einer Tankstellen-Infrastruktur – zumindest einmal an den Hauptverkehrsstrecken.

Wie fällt der Kostenvergleich der verschiedenen Technologien nach Ihrer Einschätzung aus?

Die relativen Kosten von Gas- und Flüssig-H2-Speichern wurden von CNH abgeschätzt. Dabei schneidet das LH2-System deutlich besser ab. Natürlich muss man für eine gesamtheitliche Betrachtung auch den Kostenbedarf zur Herstellung des gespeicherten Mediums sowie den Transport berücksichtigen. Einstimmigkeit besteht im Zielpreis: Ab einem Preis von 4-5 €/kg H2, wird sich ein H2-betriebener LKW mit denselben Kosten betreiben lassen wie die derzeitigen Dieselfahrzeuge.

Welche Signale empfangen Sie aus Politik und Wirtschaft hinsichtlich einer Entscheidung?

Ein konkrete Entscheidung ist dringend nötig. Es wäre wichtig, ähnlich wie bei der E-Mobilität, generell mehr Anreize zu schaffen, auf nachhaltige Energieträger umzusteigen. Zur Umstellung der Infrastruktur werden in beiden Fällen große Investitionen nötig sein. Zusätzlich zu den ohnehin großen Risiken solcher Projekte, führen fehlende Rahmenbedingungen aus der Politik, zu weiteren Verzögerungen und somit zu weiter steigenden CO2-Ausstoß.

Wann wird es hier zu einer Entscheidung kommen (müssen)?

Die gesetzten Ziele zur Limitierung der Erderwärmung sind schon heute kaum einzuhalten. Insofern sollte solche Grundsatzentscheidungen besser heute als morgen beschlossen werden.

Inwieweit beschäftigen Sie sich auch mit dem Thema H2-Produktion, etwa über Elektrolyseure?

Die saubere Produktion von Wasserstoff ist selbstverständlich eine Grundvoraussetzung für den Einsatz unserer LH2-Speicher. Wir sind deshalb in Gesprächen mit möglichen Kooperationspartnern, um diesen wichtigen Teil der H2-Kreislaufwirtschaft mit unseren Anforderungen und Möglichkeiten besser abstimmen zu können.

Antworten von

DI Dr. Thomas Stepan, R&D-Team LH2-Kryotanktechnologie, Salzburger Aluminium Group

SAG Kryotank-Technologie für flüssigen Wasserstoff

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