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Rösler RDS 80/70 – eine der weltweit größten Strahlanlagen

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Reinigungsstrahlen von bis zu 250 Tonnen schweren Gussteilen

Wenn es darum geht, immens große, schwere und komplexe Gussteile herzustellen, ist die Gießerei von PJSC Energomashspetsstal in ihrem Element. Dem Gießprozess schließt sich eine umfangreiche Qualitätsprüfung an. Um die dafür erforderliche Oberflächengüte herzustellen, werden die bis zu 12 Meter langen, 7 Meter breiten, 5 Meter hohen und bis zu 250 Tonnen schweren Teile gestrahlt. Die Anlage, eine der weltweit größten Strahlanlagen überhaupt, konzipierte Rösler und passte sie dabei exakt an die vorhandene räumliche Situation an.

Rund 136 Hektar groß ist das Areal, auf dem sich die Anlagen des Hütten- und Stahlwerks PJSC Energomashspetsstal (EMSS) im ukrainischen Kramatorsk erstrecken. EMSS gehört dem Maschinenbau-Bereich von Rosatom-Atomenergomash an. Seit 1964 entstehen hier Guss- und Schmiedeteile für Schwer-, Energie- und Kernkraftindustrie sowie für die Marine- und Verkehrstechnik. Dabei hat sich das Unternehmen auf Produkte wie beispielsweise Dampf- und Wasserturbinengehäuse, Dampfturbinenläufer, Hydrowellen, Traversen, Zahnkränze, Schraubenflügel und -naben, Stützwalzen für Heiß- und Kaltwalzanlagen sowie Gesenkhalteblöcke spezialisiert. Aufgrund des Einsatzes sowie der Dimensionen und Gewichte dieser Teile handelt es sich üblicherweise um Unikate. Die hohe Qualität und Lebensdauer der Produkte stellt EMSS durch umfangreiche Kontrollen, während und nach der Produktion, sicher. So durchlaufen beispielsweise Gussteile eine visuelle Kontrolle aller Außen- und Innenoberflächen, Magnetpulverrissprüfung oder auch Ultraschallinspektion zur Rissprüfung. Diese setzt eine saubere und zunderfreie Oberfläche im Reinheitsgrad SA 2,5 voraus, die bisher in einem manuellen Prozess hergestellt wurde. „Es war einerseits die Änderung unseres Produktionsprogramms, die uns zur Investition in ein neues Strahlsystem veranlasste. Wir stellten um auf im Kaltharzverfahren hergestellte Gussteile mit komplexer Geometrie, um den gestiegenen Kundenanforderungen an die Gieß- und Oberflächenqualität nachzukommen. Andererseits wollten wir die Belastung unserer Mitarbeiter durch Vibrationen, Staub und Lärm beim manuellen Strahlen reduzieren und auch den Umweltschutz im Unternehmen verbessern“, berichtet Igor Sapetko, Gießereileiter bei EMSS.

Herausforderung: Teiledimensionen und -gewicht sowie räumliche Situation
Im Pflichtenheft für das Strahlsystem stellten nicht nur die immensen Dimensionen von bis zu 12.000 x 7.000 x 5.000 mm (L x B x H) sowie das Gewicht von maximal 250 Tonnen der zu bearbeitenden Teile eine Herausforderung dar: Es war auch in Fertigungsablauf zu integrieren. Die Aufstellung musste in einer bestehenden Halle mit zahlreichen Stützpfeilern, im Fundament einer alten Wasserstrahlanlage erfolgen. Gleichzeitig war die Anlage so zu platzieren, dass der Teiletransport von der Gießerei durch die Strahlanlage zur Qualitätskontrolle mit dem bestehenden Schienentransfersystem mit Drehtisch erfolgen kann. Eine Hängebahnanlage kam für EMSS aufgrund des hohen Teilegewichts nicht in Frage. „Mitentscheidend für uns war, dass wir eine technisch einfache aber effektive Lösung mit hoher Funktionssicherheit und Wartungsfreundlichkeit erhalten. Natürlich spielten auch wirtschaftliche Aspekte wie die Anschaffungs- und Betriebskosten eine Rolle“, beschreibt Igor Sapetko weitere Aspekte.
Mit diesen Anforderungen wandten sich die Projektverantwortlichen des Unternehmens an sechs Strahlanlagenbauer, von denen drei, darunter die Rösler Oberflächentechnik GmbH, in die engere Wahl kamen. Die Entscheidung für einen Lieferanten erfolgte dann auf Basis einer Besichtigung der Werke der Anlagenbauer sowie von Referenzanlagen und den jeweiligen Anlagenkonzepten. Durch das detailliert ausgearbeitete Anlagenlayout der RDS 80/70 konnte EMSS bereits in diesem Stadium erkennen, dass alle Anforderungen erfüllt werden.

Maßgeschneidert bis auf den letzten Zentimeter
Die Rösler-Durchlauf-Schienenstrahlanlage RDS 80/70 ist eine der weltweit größten Strahlanlagen überhaupt und die größte des Untermerzbacher Unternehmens bisher. Sie wurde so genau in die Halle eingepasst, dass in verschiedenen Bereichen nur ein sehr geringer Abstand zu den Stützpfeilern besteht. Am Ein- und Auslauf verhindern doppelte Tore aus einem verschleißfesten Gummimaterial und aus Metall ein Austreten des Strahlmittels. Im Innenbereich ist die 30 Meter lange Anlage in drei Bereiche gegliedert: Vor- und Nachkammer sowie die eigentliche Strahlkammer mit Innenabmessungen von 10.500 x 8.000 x 7.000 (L x B X H) mm. Die enorme Breite ermöglicht, dass bis zu sieben Meter lange Teile während des Strahlprozesses gedreht werden können. Dabei strahlen auf die Werkstücke mit Strahlmitteldurchsatz mehr als 2000 kg/min. acht Hurricane H42®-Turbinen mit 22 kW Antriebsleistung, die an der Decke und einer Seitenwand der Strahlkammer platziert sind. Nach dem ersten Durchfahren der Anlage dreht der Hallenkran die Teile auf dem Drehtisch des Transfersystems, so dass beim zweiten Durchlauf die bisher unbearbeiteten Seiten gestrahlt werden. Bei Gussteilen, die aufgrund ihrer Länge nicht in der Strahlkammer gedreht werden können, lässt sich durch diese Lösung ebenfalls das geforderte Strahlergebnis erzielen. Für einen optimalen Verschleißschutz wurde die Strahlkammer komplett aus Manganstahl gefertigt und ist zusätzlich mit spaltfrei verlegten, auswechselbaren Platten aus Manganstahl ausgekleidet. Um bei sehr komplex gestalteten Gussteilen eine manuelle Nachbearbeitung zu ermöglichen, verfügt die Anlage über eine Druckstrahleinrichtung und Beleuchtung in der Strahlkammer.
Eine Besonderheit der Strahlanlage von EMSS stellt auch der Sonderbunker mit einem Fassungsvolumen von 30 Tonnen Strahlmittel dar. Er gewährleistet, dass selbst bei Teilen mit stark schöpfender Geometrie der Strahlprozess nicht mangels Strahlmittelverfügbarkeit unterbrochen werden muss.

Mehr Einzelteile als üblich
Nach dem Strahlprozess gelangt das Strahlgut in die beiden großen Trichter. Sie leiten das Strahlmittel im Fundament an das Strahlmitteltransportsystem der Aufbereitungseinheit weiter. Diese dort zu platzieren stellte für den Anlagenbauer ebenfalls eine Herausforderung dar. Denn die Schienen des Transfersystems ermöglichten nur einen etwa zwei mal zwei Meter messenden Zugang in den „Keller“, über den alle unter der Anlage befindlichen Komponenten transportiert werden mussten. Daraus resultierte beispielsweise, dass die Trichter nicht wie üblich in vier, sondern in 15 Einzelteile zerlegt wurden, um sie nach unten zu bringen.
Für eine gute Zugänglichkeit der „überirdischen“ servicerelevanten Anlagenkomponenten sorgt eine fünfstöckige Wartungsbühne. Einen Beitrag zur schnellen und wirtschaftlichen Wartung leistet auch der eigene Servicestützpunkt von Rösler in der Ukraine. 
„Mit der neuen Strahlanlage erzielen wir die gewünschte Oberflächengüte mit nur etwa der Hälfte des zuvor erforderlichen Strahlmittels. Außerdem hat sich die Bearbeitungsgeschwindigkeit enorm erhöht, wofür früher mehrere Männer in Handarbeit Wochen benötigten, erledigen wir jetzt innerhalb weniger Stunden“, stellt Igor Sapetko fest.

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