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Vollautomatische Kokillenreinigungstechnik mit Robotern in der Automobilindustrie

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Vollautomatische Kokillenreinigungstechnik mit Robotern in der Automobilindustrie

Dipl.-Ing. Martin Rückert

Reis GmbH & Co. KG Maschinenfabrik Obernburg

 


Komplette Reinigungsanlage bestehend aus Strahlraum mit Roboter; Sandaufbereitung und PC-System

Automatisierte Prozesse halten in den letzten Jahren verstärkt Einzug in Tätigkeitsfelder, die bisher der Handarbeit vorbehalten waren. In Gießereien muss zyklisch die vor dem Gießprozess aufgebrachte Schlichte wieder entfernt werden. Dies ist ein zeitaufwendige und belastende Tätigkeit für den Werker, bei der viel Schmutz anfällt. Der Zeitaufwand für die Reinigung einer kompletten Kokille für Fahrwerksbauteile beträgt ca. 30-50 Minuten, abhängig von der Komplexität und Größe der Kokille.

Zur Kokillenreinigung verwendet man verschiedene Prozesse. Der verbreiteteste Reinigungsprozess ist die Reinigung mittels Glasbruchs. Unter anderem kommen auch Reinigungsverfahren mit Chemikalien, Wasser oder Trockeneis zum Einsatz.

Im Leichtmetallzentrum des Volkswagenwerks Braunschweig wird zur Kokillenreinigung sowohl das Trockeneisstrahlen als auch die Reinigung mittels Glasbruch eingesetzt. Die Anforderung an eine automatisierte Anlage war, sowohl einfache als auch schwer zugängliche Formgeometrien zu reinigen. Aus diesem grund fiel die Entscheidung für das klassische Reinigungsverfahren mit Glasbruch. Nachdem verschiedene Anlagenkonzepte verglichen wurden, wurde REIS Robotics als Automatisierungspartner ausgewählt, um die Anlage zu realisieren. Es folgte eine intensive Zusammenarbeit mit den Betreibern des Leichtmetallzentrums. Bereits nach einer Planungs- und Inbetriebnahmephase von nur 6 Monaten wurde die Anlage der Produktion übergeben.

 


Reinigungsdüse im Einsatz; durch die kompakte Anbringung am Roboterkopf können selbst komplexe Formgeometrien optimal bearbeitet werden

VW-Leichtmetallzentrum – innovative Gießerei für Fahrwerksteile
Bei der Volkswagen AG sind im Werk Braunschweig rund 6.500 Mitarbeiter beschäftigt. Davon gehören knapp 250 Mitarbeiter zum Leichtmetallzentrum, das im Jahre 2002 in Betrieb genommen wurde. Hier entstehen die Fahrwerksteile die im gleichen Werk zu Leichtbauvorder- und Hinterachsen zusammengebaut werden.

Das Produktportofolio umfasst Hilfsrahmen, Schwenklager und Radträger aus Leichtmetall. Diese Bauteile können im Schwerkraft-Kokillenguss, sowie im CPC-Gegendruckverfahren hergestellt werden.

Ca. 24 Stunden dauert es bis ein Bauteil den Prozess von der Gießerei über mehrere Qualitätskontrollen bis zur Fertigstellung durchlaufen hat. Da es sich bei den Bauteilen um Sicherheitsbauteile handelt wird jeder Prozessschritt und Fertigungsparameter überwacht, damit alle Bauteile mit gleicher Qualität das Werk verlässt.

Die tägliche Schmelzleistung beträgt 192 Tonnen Aluminium, das in die 40 vorhandenen Kokillen vergossen wird. Sie geben den Bauteilen ihre Form und müssen immer wieder sorgfältig gereinigt werden.

Optimale Reinigung mittels automatisierter Roboterstrahlanlage
Bevor das flüssige Aluminium in die Kokillen gegossen wird, werden diese mit einer Schlichte, einem Trennmittel auf Wasserbasis, versehen. Ebenso ist die Schlichte von der Kokille wieder abzutragen, wie es in der automatischen Reinigungsanlage von Reis täglich einmal geschieht. Wird die Schlichte vor dem Wiederauftragen nicht vollständig entfernt kann es zu Gießfehlern kommen.

Komponenten der automatischen Roboterstrahlanlage
Die Strahlanlage besteht aus einem Strahlraum, in dem der eigentliche Reinigungsprozess stattfindet, sowie einem Roboterarbeitsraum. Roboter und Strahlraum sind mit einer hochflexiblen Strahlmanschette getrennt. Dies verhindert eine Beschädigung, bzw. einen erhöhten Verschleiß durch Strahlmittel am Roboter.

Die Bedienkomponenten sowie die automatische Strahlmittelaufbereitung sind auf einer Bedienerbühne außerhalb der Kabine untergebracht.

Die Kokillenzuführung erfolgt mittels Gabelstapler durch ein automatisches Hubtor an der Anlage. Die Kokillen werden immer mit Ober- bzw. Unterseite auf einem Gestell bereitgestellt. Je ein Ober- und Unterteil wird auf einen Roboterdrehtisch abgesetzt. Die Gestelle wurden als Universalgestelle ausgeführt, um alle vorhandenen Kokillenformen reinigen zu können.

Der Reinigungsvorgang selbst erfolgt durch eine Hochleistungs- Druckstrahldüse, die Positionierung der Düse über die Bewegung des Roboters. Unterstützt wird dieser Vorgang durch Positionierbewegungen des Roboterdrehtisches. Nach dem Reinigungsvorgang wird das Bauteil durch eine integrierte Luftdüse abgeblasen um zu verhindern, dass kein Strahlmittel durch die Kokille nach Außen verschleppt wird.

 


Reis ProVis Bedienoberfläche unter Windows; durch die individuell konfigurierbare Bedienoberfläche können die verschiedenen Operationen angewählt werden

Neue Softwaretools für die Schnittstelle Mensch-Maschine
Die Programmierung von Industrierobotern erfolgt heute überwiegend mit dem Programmierhandgerät direkt am Roboter durch Einlernverfahren (Teach-in). Um die Programmierung intuitiver zu gestalten, hat der Roboterhersteller Reis eine grafische Bedienoberfläche in die Robotersteuerung RobotStarV integriert, die auf der Augmented-Reality-Technologie basiert.

Augmented Reality bedeutet „erweiterte Realität“ und stellt eine neue Form der Mensch-Maschine-Interaktion dar. In ein reales Kamerabild werden kontextabhängig, d.h. passend zum betrachteten Objekt, Informationen aus der Robotersteuerung, wie Positionen, Bahnen und Programmdaten eingeblendet und gleichzeitig auf dem PC-Bildschirm dargestellt.

Die Funktionalität von Augmented Reality ist in die grafisch basierte Bedienobe-rfläche ProVis AR (Programmierung und Visualisierung in Augmented Reality) integriert und lässt sich mit einem an die Robotersteuerung angeschlossenen PC direkt nutzen. Da die Bedienung auf Freeware Internettechnologien funktioniert ist keine Installation von spezieller Software auf dem PC erforderlich. Nach Aufruf der Homepage des Roboters wird die Bedienoberfläche aus der Steuerung auf den PC geladen und ist dort verfügbar.

Anwendung der neuen Softwaretools
In der gelieferten Strahlanlage wird diese neue Softwarefunktionalität erfolgreich angewendet. Die Robotersteuerung hat direkten Zugriff auf eine hochauflösende Kamera, welche in der Anlage installiert wurde. Der Bediener sieht auf seinem Monitor ein Bild und kann die Intensität der Verschmutzung an der Kokille beurteilen.

Mit einer PC-Maus selektiert der Werker die zu reinigenden Bereiche. Die Robotersteuerung wählt darauf hin das hinterlegte Strahlprogramm an und blendet die hinterlegten Bahnpositionen auf dem Bildschirm ein.

Nach dem Anwählen erfolgt das Sandstrahlen des ausgewählten Bereichs. Nach Beendigung des Strahlvorgangs wird automatisch ein neues Bild der gestrahlten Kokille erstellt und angezeigt. Gleichzeitig werden die wichtigsten Bedienelemente eingeblendet, mit denen zu entscheiden ist:

  • Kokille in Ordnung
  • Nachstrahlen erforderlich mit gleichen Parametern
  • Nachstrahlen erforderlich mit Änderung der Strahlintensität oder Positionsverschiebung

Ein großer Vorteil bei dieser Anwendung ist der Zeitgewinn und die schonende Behandlung der Kokille. Nicht verschmutzte Bereiche werden nicht gestrahlt und ein unnötiger Materialabtrag wird vermieden.

Weitere Vorteile einer Bedienoberfläche in Augmentet-Reality-Technologie liegen in der einfachen und intuitiven Handhabung sowie der Erfassung komplexer räumlicher Gebilde (Roboter und komplizierte Werkstücke). Der intuitive Umgang mit Programmdaten, Positionen und Parametern verleiht dem Benutzer Sicherheit und ermöglicht einen einfachen und gefahrlosen Umgang mit dem Roboter. Der Benutzer erhält alle Informationen, die er für seine Arbeit braucht, ohne dass er Programmlisten oder Handbücher lesen muss. Der Anwender kann wahlweise oder gleichzeitig die Textdarstellung oder die Visuelle Programmdarstellung seines Anwendungsprogramms benutzen. Beide Darstellungen ergänzen sich.

Zusammenfassung
Im Leichtmetallzentrum von VW Braunschweig ist man bestrebt nur neueste Technologie im Hinblick auf Effizienz, technischem Anspruch und Ergonomie einzusetzen.

Durch die intensive, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Reis und den Betreibern des Leichtmetallzentrums wurde eine Anlage mit folgenden Eigen-schaften konzipiert:

  • Flexibilität: Auf der die gesamte Kokillenvielfalt des Werkes bearbeitet werden kann und die Flexibilität besitzt, auch für zukünftige Teilefamilien eingesetzt werden zu können
  • Vollautomatisches Ablaufen der Reinigungsarbeiten. Der Werker übernimmt nur  noch das Be- und Entladen, sowie Kontrollarbeiten.
  • Humanisierung des Arbeitsplatzes: Der anstrengende und von Lärm- und Schmutzemissionen gekennzeichnete manuelle Reinigungsvorgang wurde durch einen automatischen, gekapselten Prozess ersetzt
  • Geringerer Formenverschleiß gegenüber dem Handstrahlen. Durch die gleichmäßige und fein dosierbare automatische Reinigung werden die Kokillen schonender als bei einem manuellen Reinigungsprozess behandelt.

„Bei dieser Anlage hat Reis alle Anforderungen umgesetzt, die mit unseren hohen Standards an Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitsergonomie in Einklang stehen“, bestätigt der Leiter des VW-Leichtmetallzentrums in Braunschweig.

Die durch Reis entwickelte Reinigungsanlage kann je nach Kundenwunsch auch mit alternativen Reinigungsverfahren, wie z.B. der Trockeneisreinigung ausgerüstet werden. 


 

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