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Potenziale für die Dekarbonisierung in der Metallindustrie

Recycling, alternative Brennstoffe, neue Brennertechnologien

Pressemitteilung | Lesedauer: min

Ein Beitrag von Dr.-Ing. Thomas Niehoff

Die Gießereiindustrie ist seit langem bestrebt, den Energieverbrauch und die Emissionen zu senken, die Qualität zu verbessern, die Produktivität zu steigern und die Kosten zu senken. Im Hinblick auf die Aspekte Verbrennung und Brennstoffwechsel gibt dieser Artikel einen Einblick in die Verbrennungstechnologie, die Sicherheitsaspekte und die Kosten für die alternativen Brennstoffe.

Seit den antiken Öfen, in denen Kupfer und Eisen geschmolzen wurden, hat sich die Gießereiindustrie bis zum heutigen Stand weiterentwickelt. Die Metallerzeuger und die Zulieferindustrie haben immer wieder bessere Öfen, Verbrennungsanlagen und Verfahrensänderungen entwickelt, um die Herausforderungen der Vergangenheit zu meistern.

Heute steht die Branche erneut vor drastischen Veränderungen bei der Produktion und der thermischen Behandlung von Metallen und anderen Rohstoffen, angetrieben durch die dringende Notwendigkeit, auf klimaneutrale Brennstoffe umzusteigen und gleichzeitig mit der gestiegenen Nachfrage Schritt zu halten sowie wettbewerbsfähig zu bleiben und die Kosten zu senken.

In Europa und in anderen Teilen der Welt ist geplant, die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe zu verringern. Das globale Erwärmungspotenzial hat große Auswirkungen auf die Gießereiindustrie. In der Roadmap 2050 [1] wurde bereits 2010 beschrieben, wie bis 2050 eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 % unter das Niveau von 1990 erreicht werden soll. In diesem Fahrplan wird versucht, nur bestehende Technologien zu nutzen und nicht von zukünftigen technologischen Durchbrüchen oder von der Energieversorgung außerhalb der EU abhängig zu sein. Es sollten keine negativen Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der Energieversorgung, die Energiesicherheit, das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand entstehen. Der Fahrplan 2050 war der erste seiner Art, der eine systemweite europäische Bewertung, einschließlich einer Bewertung der Zuverlässigkeit des Systems, enthielt. Mögliche Kosten- und Übergangsrisiken wurden im Fahrplan 2050 nicht analysiert.

Im Jahr 2016 hat die Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 [2] für Deutschland Ziele und Vorgaben beschrieben. Darin wird die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2050 auf 95 bis 80 % unter das Niveau von 1990 festgelegt. Es wird beschrieben, dass die meisten klimabedingten Veränderungen und Katastrophen vermieden werden können, wenn die globale Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius reduziert werden kann. Das IPPC hat vor einem Anstieg um 2 Grad Celsius gewarnt, der Millionen von Menschenleben kosten kann und schwerwiegende Auswirkungen auf die globalen Ökosysteme haben wird. Gemeinsame Anstrengungen sollten zu einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau führen.

Heute, im Jahr 2023, ist sich die Gießereiindustrie der Situation bewusst, dass etwa 80 % der derzeitigen CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen in den verbleibenden 27 Jahren reduziert werden müssen. Heute werden für die Herstellung und thermische Verarbeitung von Metallen immer noch hauptsächlich fossile Brennstoffe verwendet.

Anhand der Größenordnung der erforderlichen CO2-Emissionsreduzierungen wird deutlich, dass ein jährlicher und schrittweiser Ansatz mit jährlichen CO2-Emissionseinsparungen von 2 % das Problem wahrscheinlich nicht lösen wird.

Alternative und klimaneutrale Kraftstoffe - die heute diskutiert werden - sind grüner Wasserstoff, erneuerbare Energie und synthetisch hergestellte Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff mit Hilfe erneuerbarer Energie wie Ammoniak und Methanol.

Eine einfache Umstellung des Brennstoffs von Erdgas auf Wasserstoff oder auf induktive Erwärmung ist in den meisten Fällen nicht machbar. Es gibt so viele Änderungen bei den Parametern der Metallerzeugung und -verarbeitung, dass die Auswirkungen und Folgen für Verfügbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Qualität heute noch nicht bekannt sind.

Grüner Wasserstoff in industriellem Maßstab wird auch in den kommenden Jahren nicht verfügbar sein. In der Zwischenzeit können die Prozesse der Metallerzeugung durch verschiedene Maßnahmen weiter gestrafft und optimiert werden:

  • Recycling anstelle von Primärproduktion
  • Thermische Isolierung der Öfen
  • Enge Ofen- und Verbrennungssteuerung
  • Luftvorwärmung der Verbrennungsluft
  • Prozessschrittoptimierung/Automatisierung
  • Sauerstoff- und Oxyfuel-Verbrennungstechnik
  • Beimischung von klimaneutralen Brennstoffen (z.B. Biogas, grünes H₂)
  • Abwärmenutzung

CO2-Emissionen in der Gießereiindustrie

Was bedeutet es für die Metallindustrie, die CO2-Emissionen um 80 % zu reduzieren? Wo sollte der Schwerpunkt liegen? Diese beiden Fragen sind schwer zu beantworten.

Die Primäraluminiumproduktion erfordert einen Energieeinsatz von etwa 12 bis 14 MWh/tAL. Die Primärstahlerzeugung erfordert einen Energieaufwand von etwa 3 MWh/t Stahl. Wenn die Energie für die Primärproduktion dieser Metalle aus Primärbrennstoffen stammt, werden 10 bis 11 t CO2 pro 1 t Aluminium und 2 t CO2 pro 1 t Stahl erzeugt (Abb. 1).

Das Recycling von Aluminium anstelle der Primärproduktion kann die CO2-Emissionen um 95 % reduzieren.

Kupferrecycling und Raffination haben das höchste Potenzial für CO2-Emissionen (Abb. 2). Pro erzeugter Tonne Flüssigkupfer können die CO2-Emissionen zwischen 740 und 1.900 kgCO2 schwanken. Moderne und hocheffiziente Kupferproduzenten können die CO2-Emissionen auf 740 kgCO2 pro t Kupfer senken. Bei der Eisenerzeugung in einem Kupolofen, einem Schachtofen mit einem großen Wärmeaustauschbereich, entstehen 300 bis 600 kgCO2 pro t flüssiges Eisen. Auch hier können sehr moderne und effiziente Anlagen mit hoher Vorwärmung und Sauerstoffanreicherung geringere CO2-Emissionen erzielen. Beim effizienten Schmelzen von Aluminium in einem Drehrohrofen können die CO2-Emissionen auf 120 kgCO2 pro t Aluminium gesenkt werden.

 

Auch beim Recycling von Metallen kann der Energiebedarf zum Erhitzen und Schmelzen des Metalls je nach Prozessbedingungen und Prozesssteuerung sehr unterschiedlich sein.

Die Koksrate eines Kupolofens bestimmt zu einem großen Teil die CO2-Emissionen pro t Flüssigeisen (Abb. 3). Die Koksrate zu senken, ist seit mehr als 200 Jahren das Ziel der Kupolöfenbetreiber. Die Koksrate eines Kupolofens kann durch Heißwindbetrieb und die Kombination von Sauerstofflanzen gesenkt werden.

 

Das Aluminiumrecycling kann in Drehrohröfen und Hallöfen sehr effizient sein. Der thermische Gesamtwirkungsgrad (Abb. 4) kann je nach Luftvorwärmstufe, Prozessdichtheit und Sauerstoffeinsatz variieren. Es ist festzustellen, dass mit vorgewärmter Verbrennungsluft von 1000°C und mehr ähnliche Ergebnisse erzielt werden können wie mit der Sauerstoff-Brennstoff-Verbrennung. Die thermischen Wirkungsgrade liegen über 50 % und die CO2-Emissionen pro t Flüssigmetall liegen knapp über 100 kg CO2. Im mittleren Teil der Grafik mit Luftvorwärmtemperaturen von 200 bis 400°C kann eine selektive Sauerstoffnutzung für weitere Energieeinsparungen und CO2-Reduzierungen hinzugefügt werden.

Einsatzstoffe mit organischen Bestandteilen, typischerweise 0,5 bis 3 Massen. -% können hinzugefügt werden, um die Energiebilanz zu verbessern und fossile Brennstoffe einzusparen, wenn die organischen Stoffe direkt nach der Beschickung in der Schmelzkammer vergast und verbrannt werden.

Die minimale CO2-Emissionsgrenze liegt bei der Verbrennung von Erdgas bei etwa 100 kg CO2 pro t Flüssigaluminium. Sie kann nur durch den Einsatz von Wasserstoff weiter gesenkt werden.

Wenn man davon ausgeht, dass ein typischer Aluminiumschmelzprozess heute ca. 200 kg CO2 (bei ca. 940 kWh/tAL spezifischem Energieeinsatz) pro t Flüssigaluminium erzeugt, dann wäre die geforderte 80%ige CO2-Reduktion eine Reduktion von 160 kg CO2. Bei einer verbleibenden CO2-Erzeugung von 40 kg CO2 pro t Flüssigaluminium. Eine derartige Veränderung kann nicht allein durch technische Verbesserungen und Prozessverschärfungen erreicht werden. Eine solche Forderung erfordert den Einsatz eines Brennstoffgemisches aus Erdgas und Wasserstoff oder die elektrische Beheizung mit Plasmabrennern oder Induktionserwärmung mit Strom aus erneuerbaren klimaneutralen Energiequellen (Wind, Wasser und Sonne).

Dieses Beispiel würde zu einem Brennstoffgemisch aus 7 Vol.-% Erdgas und 93 Vol. Für eine solche Änderung wären neue Verbrennungsanlagen erforderlich, die für den Betrieb mit Wasserstoff zertifiziert und sicher sind, sowie eine Brennertechnologie, die die gewünschten Schmelzergebnisse mit einer Wasserstoffflamme liefert. Dieses Beispiel verdeutlicht auch, dass ein Kraftstoffgemisch aus 90 Vol.-% Erdgas und 10 Vol.-% Wasserstoff nicht die geforderte CO2-Reduktion von 80 % erbringt.

Alternative Brennstoffe

Ammoniak, Methanol und Wasserstoff sind mögliche alternative Brennstoffe für die metallerzeugende Industrie. Wenn Wasserstoff verbrannt wird, entsteht kein CO2. Wasserstoff und Sauerstoff verbrennen zu Wasserdampf (H2O). H2O gilt nicht als Treibhausgas und ist für die Roadmap 2050 [1] nicht entscheidend. Wasserstoff ist auf unserem Planeten nicht als Ressource verfügbar. Wasserstoff muss hergestellt werden, und die Produktion ist energieintensiv. Die bevorzugte Methode zur Herstellung von grünem Wasserstoff ist die Elektrolyse mit elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne oder Wasser (Abb. 5).

Wasserstoff ist ein Gas mit geringer Dichte und daher schwer zu speichern. Mögliche Wege zur Speicherung und zum Transport von Wasserstoff wären Ammoniak und Methanol in flüssiger Form. Grüner Wasserstoff wäre die Basiskomponente für die synthetische Herstellung von grünem Ammoniak und grünem Methanol. Methanol ist flüssig und Ammoniak ist ebenfalls flüssig, wenn es unter Druck gelagert wird.

Biogas kann eine weitere Alternative darstellen, wenn es in das Erdgasnetz eingemischt werden kann oder die Biogasanlage in der Nähe einer Metallproduktionsanlage betrieben wird. Biogas hat im Vergleich zu Wasserstoff einen höheren Heizwert und etwa die Hälfte des Heizwertes von Erdgas (bei einer CO2-Konzentration von 46 Vol.-%).

Die Eigenschaften der hier diskutierten alternativen Brennstoffe sind sehr unterschiedlich (Tab. 1), und die Verbrennungsausrüstung, die Verbrennungssteuerung, die Zündung und die Brennergeometrien müssen angepasst werden, um die gewünschten Ergebnisse für die Bedingungen des Schmelzprozesses zu erzielen.

Wenn die Kosten für Wasserstoff auf etwa 2 Euro/kg gesenkt werden können, wird davon ausgegangen, dass er in industriellem Maßstab eingesetzt werden kann. Gegenwärtig ist die Verfügbarkeit von Wasserstoff zu gering und die Kosten sind zu hoch, um ohne Finanzierung realistisch zu starten. Die Kosten für grünen Wasserstoff sind 3 bis 4 Mal so hoch wie erhofft. Die derzeitigen Energiekrisen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sorgen für zusätzliche Schwankungen und Unsicherheiten.

Brennertechnologie der nächsten Generation

Wasserstoff ist definitiv kein neues Medium für die industrielle Gasindustrie. Wasserstoff wird schon seit Jahrzehnten produziert und gehandhabt. In der Vergangenheit waren die Kosten für die Verbrennung von Wasserstoff in der Metallproduktion einfach zu hoch, als Erdgas verfügbar und erschwinglich war. Ventilstationen und Brenner für den Betrieb mit Wasserstoff können auf sichere und zuverlässige Weise konstruiert werden.

Alle in Tabelle 1 aufgeführten Brennstoffe brennen und können potenziell zum Schmelzen und Erhitzen von Metallen, zum Beheizen von Pfannen und zur Bereitstellung von Prozessenergie für die Metallerzeugung verwendet werden. Es liegen nur sehr wenige Erfahrungen darüber vor, wie sich die alternativen Brennstoffe auf den jeweiligen Prozess auswirken werden: NOx-Emissionen, Wärmeübertragung, Flammenabdeckung, Lebensdauer der Feuerfestmaterialien, Wasserkondensation, Metallqualität und Kosten. In dieser Hinsicht kann ein schrittweiser Ansatz zu klimaneutralen Brennstoffmischungen von Vorteil sein. Auf diesem Weg können die Brennergeometrie und das Sauerstoffverbrauchsmuster geändert werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Aufgrund der höheren adiabatischen Flammentemperatur von Wasserstoff ist zu erwarten, dass die NOx-Emissionen zunehmen werden. Mit Wasserstoff als Hauptbrennstoffkomponente ist eine gestufte Verbrennung möglich, die einen ähnlichen NOx-Senkungseffekt wie bei Erdgasverbrennungssystemen hat.

Mehrstoffbrenner können verschiedene Brennstoffe parallel verbrennen, oder es können Brennstoffmischungen in Einzelbrennern verbrannt werden. Um Flammenbildung, Abblasen und unsichere Situationen bei Einzelbrennstoffbrennern und verschiedenen Brennstoffmischungen zu vermeiden, müssen die Brenner neu konstruiert werden.

Sicherheit

Die Sicherheit hat immer oberste Priorität. Eine Brennstoffumstellung und der Klimaschutz können nur erfolgreich sein, wenn sie sicher durchgeführt werden. Wasserstoff ist ein Gas mit niedriger Zündenergie und weiten Zündgrenzen, was Wasserstoff in Verbindung mit Luft zu einem explosiven Stoff machen kann. Wasserstoffmoleküle sind klein und erfordern besondere technische Konstruktionsmethoden, um Strömungsplatten sicher zu machen. Ein erhöhter Wasserdampfgehalt und höhere Taupunkte können zu mehr Kondensation im Abgassystem und um den Ofen herum führen. Heiße Dampfstrahlen aus dem Ofen und den Kanälen können eine Gefahr für das Ofenpersonal darstellen. Kondensiertes Wasser kann zu Dampfexplosionen führen, wenn es mit geschmolzenem Metall zusammenkommt.

Auf nationaler und internationaler Ebene müssen Sicherheitsnormen und Leitlinien für die Handhabung und Verbrennung von hauptsächlich wasserstoffhaltigen Brennstoffen entwickelt werden.

Schlussfolgerungen

Mit Hilfe alternativer Brennstoffe wie Wasserstoff, Biogas, Ammoniak und Methanol lassen sich die CO2-Emissionen bei der Metallerzeugung drastisch reduzieren. Es wird erwartet und gehofft, dass diese Bemühungen den Klimawandel so reduzieren, dass globale Katastrophen weitgehend vermieden werden. Die Veränderungen in den Metallproduktionsprozessen werden groß sein. Verbrennungstechnik, Brennerdesign, Prozessschritte und Abgassysteme müssen geändert werden, um 80 % weniger CO2-Emissionen zu erzeugen.

Es ist noch nicht viel darüber bekannt, wie sich dieser Wandel auf die Schmelzprozesse und die Metallqualität auswirkt. Hier sind noch umfangreiche Arbeiten erforderlich, um das Risiko zu verringern, das eingegangen werden kann.

In der Zwischenzeit, und bis grüne Brennstoffe verfügbar sind, können schrittweise Brennstoffänderungen dazu beitragen, die Auswirkungen dieser Energieumstellung besser zu verstehen. Diese Änderungen können in jeder Form erfolgen, um die Energienutzung und die Verringerung der CO2-Emissionen zu unterstützen.

Da Stickstoff nicht aktiv am Verbrennungsprozess beteiligt ist, wirkt er als Kühlmittel und entzieht dem Prozess Wärme. Es ist sinnvoll, die Stickstoffbelastung von Verbrennungsprozessen durch Sauerstoffanreicherung in jeglicher Form zu reduzieren. Der Einsatz von Sauerstoff ist auch bei bestehenden Öfen und Verbrennungsanlagen möglich und führt zu Energieeinsparungen und reduzierten CO2-Emissionen.

Die Vorwärmung der Verbrennungsluft und die Nutzung von Sauerstoff können die Zeit überbrücken, bis grüne Brennstoffe in industriellem Maßstab verfügbar sind.

Referenzen

[1] Roadmap 2050 - Technische Analyse, Band 1, April 2010

[2] Klimaschutzplan 2050, BMUB, Berlin, November 2016


 

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