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Europas grüner Wandel braucht Fabrikhallen – nicht nur Ausstellungsräume

CLEPA Generalsekretär Benjamin Krieger in seiner aktuellen Stellungnahme

Pressemitteilung | Lesedauer: min | Bildquelle: CLEPA

Brüssel. Europas Automobilindustrie steht unter massivem Druck. Hohe Zölle, steigende Energiekosten und eine angespannte Versorgung mit Seltenen Erden setzen Hersteller und Zulieferer gleichermaßen unter Stress. Zehntausende Arbeitsplätze sind bereits verloren gegangen oder bedroht. Beobachter warnen, dass Europa, wenn nicht rasch gehandelt wird, nicht nur seine Klimaziele, sondern auch seinen technologischen Vorsprung und sein wirtschaftliches Wachstum gefährden könnte. Dennoch fällt es den europäischen Regierungen schwer, sich auf gemeinsame, wirksame Maßnahmen zu einigen.

In einer ungewöhnlichen Initiative haben 19 europäische Staats- und Regierungschefs einen gemeinsamen Appell an den Präsidenten des Europäischen Rates gerichtet. Darin fordern sie eine Rückkehr zu den Reformvorschlägen des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi und stärkere Anstrengungen zur Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Besonders betonen sie die Notwendigkeit, Nachhaltigkeitspolitiken zu vereinfachen und den Binnenmarkt zu stärken. Draghis Bericht enthält jedoch auch ein eigenes Kapitel zur Automobilindustrie, in dem er eine technologieneutrale Überarbeitung der CO₂-Verordnung fordert – ein Aspekt, der bislang zu wenig Beachtung findet.

Frankreich und Spanien haben jüngst ein Papier vorgelegt, das die bestehende CO₂-Verordnung im Wesentlichen bestätigt, allerdings mit gewissen Flexibilitäten. Doch die gleichzeitige Unterstützung beider Ansätze gilt in Fachkreisen als widersprüchlich.

Europa hat die Instrumente – es muss sie nur nutzen

Während politische Diskussionen auf höchster Ebene andauern, verändert sich der globale Wettbewerb rasant. Länder wie China und die USA setzen auf offene, verbraucherorientierte Strategien. Plug-in-Hybride sind dort weiterhin gefragt, und künstliche Intelligenz sowie Daten spielen eine zentrale Rolle in ihren Mobilitätsstrategien.

Auch in Europa zeigen sich Verbraucher weiterhin offen für hybride Antriebslösungen, und Zulieferer signalisieren Investitionsbereitschaft. Branchenverband CLEPA hat konkrete Vorschläge vorgelegt, um das Verbraucherverhalten bei Plug-in-Hybriden gezielt zu fördern und sicherzustellen, dass elektrisches Fahren in allen praktischen Situationen möglich bleibt.

Ein angepasstes Vorgehen bei der Berechnung des sogenannten Nutzfaktors – also des Anteils, den der elektrische Antrieb leisten muss – sei kein Rückschritt, sondern eine notwendige Anpassung an die Realität, so Branchenvertreter. Verbraucher bräuchten Unterstützung und Zeit zur Umstellung, während Politik und Industrie für faire Rahmenbedingungen und technologische Weiterentwicklung sorgen müssten.


Dekarbonisierung braucht Produktion – nicht nur Visionen

Ein zentrales Risiko des grünen Wandels liegt im Verlust ganzer Wertschöpfungsketten. Das Beispiel der Solarindustrie hat gezeigt, wie europäische Investitionen in andere Weltregionen abfließen können. Experten fordern deshalb verbindliche Vorgaben für lokale Inhalte, um sicherzustellen, dass Europa mehr bleibt als ein Ausstellungsraum für saubere Technologien.

Lokale Produktion bedeute nicht nur sichere Arbeitsplätze, sondern auch industrielle Resilienz, Innovationskraft und die Wahrung der wirtschaftlichen Souveränität. „Der grüne Wandel darf unsere industrielle Basis nicht schwächen, sondern muss sie stärken“, heißt es aus Industriekreisen.

Während in den USA und China weiterhin keine Verbote für Verbrennungsmotoren gelten, warnt die Branche in Europa vor den Folgen einer zu abrupten Umstellung im Jahr 2035. Ein flexibler, schrittweiser Ansatz sei notwendig, um Akzeptanz bei Verbrauchern zu sichern und die industrielle Dynamik zu erhalten.

Die Uhr tickt

Entscheidend ist nun, ob Europa die nächste Ära der Mobilität gestalten oder vom Rand aus beobachten wird. Angesichts bevorstehender Weichenstellungen bietet sich die seltene Gelegenheit, strukturelle Schwächen zu korrigieren, bevor sie zu dauerhaften Nachteilen werden.

Industrievertreter fordern daher eine pragmatische Überprüfung der CO₂-Regelungen, die europäische Interessen, Wettbewerbsfähigkeit und Bürgerbedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt. Nur wenn Europa den eigenen Weg mit Klarheit und Realismus definiert, kann der Kontinent sicherstellen, dass der grüne Wandel tatsächlich in europäischen Fabrikhallen stattfindet – und nicht in den Schauräumen anderer Weltregionen.

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