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Industrie unter Druck: Europas schwindende globale Rolle

Während andere Regionen vorpreschen, steht die industrielle Leistungsfähigkeit Europas am Scheideweg. Dieser Data Digest legt die Fakten dar, die die wachsende Dringlichkeit für Europa und seine Automobilzulieferindustrie verdeutlichen. Was sind die wichtigsten Probleme, die die EU angehen muss, um ihre globale industrielle Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen?

Lesedauer: min | Bildquelle: CLEPA

Hohe Energiepreise:

Obwohl sie niedriger sind als während des Höchststands im Jahr 2022, bleiben die Energiekosten hartnäckig hoch. Die Strompreise für die Industrie sind in der EU doppelt so hoch wie in den USA und fast 90 % höher als in China. Bei Erdgas, das für die Automobilherstellung von entscheidender Bedeutung ist, ist der Abstand noch größer. Dieser anhaltende Kostennachteil setzt die energieintensiven Sektoren in Europa unter Druck.

Mutige Maßnahmen zur Angleichung der industriellen Energiepreise an die globalen Wettbewerber und zur Senkung der Gesamtkosten für Unternehmen sind nicht mehr optional, sondern eine Frage des Überlebens.

Strenge Regulierung:

Strenge Vorschriften schränken die Fähigkeit des Sektors ein, sich an einen sich schnell entwickelnden globalen Markt anzupassen. Während China sowohl batterieelektrische als auch Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEVs) fördert und damit eine breitere Marktakzeptanz und technische Innovationen ermöglicht, hat Europa PHEVs und andere Technologieoptionen in seinem Rechtsrahmen weitgehend außer Acht gelassen. Diese enge Fokussierung schränkt die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher drastisch ein und bremst die industrielle Dynamik. Zwischen 2020 und 2023 stieg die Produktion von Elektrofahrzeugen in China um über 9 Millionen Einheiten – mehr als dreimal so viel wie in der EU.

Technologische Offenheit ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Dekarbonisierung in der EU. Die bevorstehende Überprüfung der CO₂-Standards bietet eine entscheidende Gelegenheit für eine realistische Bewertung, die durch konkrete Pläne zur Gewährleistung der Machbarkeit untermauert wird. Ebenso wird die Einführung eines technologieneutralen Ansatzes für die Ökologisierung des Verkehrs, einschließlich Unternehmensflotten, die notwendige Flexibilität bieten, um die Marktakzeptanz zu beschleunigen.

Rückläufige Investitionen:

Eng verbunden mit diesen regulatorischen und energiepolitischen Herausforderungen verliert Europa als Investitionsstandort an Attraktivität. Nicht-EU-Kapital fließt in andere Regionen, und europäische Unternehmen ziehen sich aus den globalen Märkten zurück. Der Anteil der EU an den weltweiten Direktinvestitionen ist von 34 % Anfang 2022 auf nur noch 10 % im Jahr 2025 gesunken, während der Anteil Chinas auf fast 50 % gestiegen ist.

Um mehr Investitionen anzuziehen und Sicherheit zu schaffen, muss die EU klare, technologieneutrale Nachhaltigkeitskriterien festlegen, die sowohl ausländische als auch inländische Investoren Anreize bieten und die Lieferketten Europas stärken.

Dies ist nicht nur eine industrielle, sondern auch eine soziale Frage. Wenn Fabriken ihre Produktion drosseln oder schließen, riskieren ganze Gemeinden den Verlust stabiler Arbeitsplätze, qualifizierter Arbeit und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage. Das hart erkämpfte industrielle Gefüge Europas zerfällt. Ohne dringende Maßnahmen zur Risikominderung bei Investitionen und zur Förderung industrieller Innovationen wird der Preis nicht nur wirtschaftlicher Natur sein, sondern auch in Form von Existenzsicherung, zerfallendem Zusammenhalt und geschwächter langfristiger Widerstandsfähigkeit bezahlt werden.

 

Europa kann das Rennen um die Mobilität der Zukunft nicht anführen, wenn seine Wettbewerbsfähigkeit durch erhebliche Hindernisse wie deutlich höhere Energiepreise im Vergleich zu anderen Regionen beeinträchtigt wird. Die Wiederherstellung der richtigen Rahmenbedingungen muss dringend Priorität haben. Archibald Poty – Market Affairs Manager bei CLEPA

1 – Hohe Energiekosten untergraben Europas industriellen Vorsprung

Trotz des Rückgangs gegenüber ihrem Höchststand von 2022 liegen die Energiepreise in Europa weiterhin deutlich über dem Niveau vor der COVID-Pandemie und deutlich höher als in konkurrierenden Regionen. Die Strompreise für die Industrie in Europa sind immer noch doppelt so hoch wie in den USA und 90 % teurer als in China, was die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hersteller weiter schwächt – insbesondere in energieintensiven Sektoren wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau.

Bei Erdgas ist der Abstand noch größer: Im Jahr 2025 werden die Preise für Industriegas in den USA weniger als ein Viertel der Preise in der EU betragen. Obwohl China stärker von Kohle als von Gas abhängig ist, bleiben seine Energiekosten insgesamt deutlich niedriger, was den Kostenvorteil der Nicht-EU-Produzenten weiter verstärkt.

2 – China zieht im Wettlauf um Elektrofahrzeuge dank eines Booms bei Plug-in-Hybridfahrzeugen davon

Zwischen 2020 und 2023 wuchs der chinesische Markt für Elektrofahrzeuge um über 9,3 Millionen Einheiten – mehr als dreimal so stark wie in der EU. Ausgehend von einem ähnlichen Produktionsniveau im Jahr 2020 (rund 1,6 Millionen Einheiten) haben die beiden Regionen seitdem stark unterschiedliche Wege eingeschlagen.

Das rasante Wachstum Chinas wurde sowohl durch batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) als auch durch einen Boom bei Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeugen (PHEV) angetrieben, die zu einem Eckpfeiler der Strategie für neue Energiefahrzeuge geworden sind. Bis 2030 sollen PHEV rund ein Drittel der EV-Produktion Chinas ausmachen.

Im Gegensatz dazu verfolgt Europa einen gezielteren Ansatz für BEVs, wobei PHEVs bis 2030 voraussichtlich nur 10 % der EV-Produktion ausmachen werden – was einen engeren Ansatz für die Elektrifizierung verdeutlicht.

3 – China gewinnt an Boden, während die EU an Investitionsdynamik verliert

Die ausländische Direktinvestitionen (ADI) aus Nicht-EU-Ländern in die EU sind seit ihrem Höchststand im Jahr 2022 eingebrochen und von über 7,7 Mrd. EUR auf nur noch 218 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2025 gesunken. Dieser dramatische Rückgang signalisiert eine zunehmende Vorsicht der Investoren, die durch die anhaltende Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung Europas, das regulatorische Umfeld und die Richtung der Industriepolitik getrieben wird.

China blieb mit einem Beitrag von fast 194 Millionen Euro im Jahr 2025 der aktivste Nicht-EU-Investor – eine Zahl, die den allgemeinen Einbruch der DIK eher unterstreicht als ausgleicht. In den letzten Jahren hat China die Nicht-EU-Zuflüsse konsequent dominiert.

 

„Chinas starkes Wachstum basiert nicht auf einer einzigen Technologie, sondern auf einem pragmatischen und diversifizierten Ansatz. Wenn Europa konkurrieren und nicht aufgeben will, müssen wir jetzt die strategische Entscheidung treffen, die technologische Offenheit und eine starke Innovationskraft im Zentrum unserer grünen Transformation zu bewahren.“ Benjamin Krieger – Generalsekretär der CLEPA

4 – Europas Anteil an den weltweiten Investitionen schwindet weiter

Europäische Unternehmen ziehen sich aus den globalen Märkten zurück. In der Automobilzulieferindustrie gingen die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) aus der EU stark zurück – von 11 Mrd. EUR im Jahr 2023 auf nur noch 341 Mio. EUR im Jahr 2025, dem niedrigsten Stand in drei Berichtszeiträumen. Infolgedessen ist der Anteil der EU an den weltweiten ADI von 34 % Anfang 2022 auf nur noch 10 % Mitte 2025 gesunken. China hat diese Lücke rasch geschlossen und die EU als weltweit führenden Investor im Automobilsektor überholt. Zwischen 2022 und 2025 hat sich der Anteil Chinas an den weltweiten FDI-Abflüssen fast verdreifacht – von 16 % auf 49 % –, da chinesische Unternehmen ihre internationale Präsenz ausgebaut und ihre Rolle in den globalen Lieferketten gefestigt haben.

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CLEPA - European Association of Automotive Suppliers

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