„Der Rahmen passt, aber die Segel müssen im Sturm neu justiert werden“, brachte es M.Sc. Dipl.-Ing. Mirjam Jan-Blazic, Präsidentin des slowenischen Gießereiverbandes, in ihrer Begrüßung auf den Punkt. Mit knapp 270 Teilnehmern und einem vielseitigen Programm hatten sie und ihr Team gemeinsam mit internationalen Professoren erneut eine hochkarätige Veranstaltung organisiert. Doch trotz spannender Vorträge und lebhaftem Austausch war deutlich: Die Branche sieht sich tiefgreifenden Herausforderungen gegenüber.
Deutschlands Gießerei-Industrie verliert zwei Millionen Tonnen Produktion
Besonders eindrucksvoll verdeutlichten dies die Beiträge aus Deutschland. Max Schumacher und Dr. Sebastian Tewes vom BDG berichteten, dass die Gussproduktion in den vergangenen sechs Jahren um fast ein Drittel zurückgegangen ist – von knapp sechs Millionen Tonnen auf derzeit rund vier Millionen. Ähnliche Entwicklungen zeigen sich auch in anderen europäischen Ländern. Pandemie, geopolitische Spannungen, der Transformationsdruck hin zur Klimaneutralität, Zölle, fragile Lieferketten und eine schwächelnde Wirtschaft belasten die Betriebe massiv. In Deutschland gehen derzeit rund 2.000 Industriearbeitsplätze pro Woche verloren.
José Javier González, Generalsekretär der WFO, rief daher dazu auf, den politischen Entscheidungsträgern die Bedeutung der Gießerei-Industrie noch stärker zu vermitteln. Denn ohne Guss läuft in keiner Industrie etwas – weder im Maschinenbau, noch in der Automobilproduktion, noch in der Infrastruktur.
Austausch und Perspektiven für die Zukunft
Vor diesem Hintergrund bot der Kongress in Portorož einen wichtigen Rahmen für Dialog und Vernetzung. Teilnehmer konnten Erfahrungen austauschen, Kontakte vertiefen und gemeinsame Perspektiven entwickeln. Gleichwohl hätte sich die Veranstaltung eine noch größere Resonanz verdient. „Schickt die Mitarbeiter aus den Gießereien nach Portorož!“, lautete daher ein Appell. Denn hier kommen Tradition, Innovation und Kreativität zusammen – ein Forum, das die Branche gerade in schwierigen Zeiten dringend benötigt.
Die Aussichten bleiben zurückhaltend: Europas Gießereien stehen vor weiteren schwierigen Jahren. Gleichzeitig schreiten Zukunftsthemen wie Gigacasting, Rheocasting, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung kontinuierlich voran. Wettbewerber aus Asien und anderen Regionen werden versuchen, daraus Vorteile zu ziehen. Umso wichtiger ist es, die Produktion in Europa konsequent weiterzuentwickeln – sowohl im Automobilsektor als auch in den Bereichen Defense, Maschinenbau und Infrastruktur – und parallel dazu die politischen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Eines bleibt unverändert: Ohne Guss läuft nichts. Diese Tatsache gilt branchenübergreifend. Europa muss sich dessen bewusster werden, die passenden Rahmenbedingungen schaffen und gemeinsam mit der Industrie entschlossen vorangehen. Zeichen, dass die Unternehmen dazu bereit sind, gibt es bereits.
Im September 2026 wird der International Foundry Congress zum 66. Mal in Portorož stattfinden und erneut die Gelegenheit bieten, Ideen und Erfahrungen in einem besonderen Umfeld auszutauschen.