Partner

Wenn der Formenbau langsam stirbt, ist es höchste Zeit darüber zur reden

Die Schattenseiten der Transformation – Wie der Preisdruck und steigende Anforderungen die KMU in der Automobilindustrie an ihre Grenzen bringen

Lesedauer: min

Aus einem Gespräch mit einem Brancheninsider

Die Automobilindustrie befindet sich inmitten einer tiefgreifenden Transformation: Elektrifizierung, Digitalisierung, neue Mobilitätskonzepte und der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit verändern die gesamte Wertschöpfungskette. Während große OEMs und Tier-1-Zulieferer mit umfassenden Ressourcen und strategischen Partnerschaften auf diesen Wandel reagieren, geraten viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zunehmend unter Druck – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch strukturell und organisatorisch.

Der Werkzeug- und Formenbau ist dabei ein besonders sensibles Glied dieser Kette.

Im Gespräch mit einem Brancheninsider wird schnell klar wo die eigentlichen Probleme und Missverständnisse liegen:

„Wir sprechen hier nicht von Schrauben oder Schweißnähten. Sondern von hochkomplexen Werkzeugprojekten mit Einzelvolumen von 250.000 bis über eine Million Euro. Und dennoch gelten nach wie vor Bedingungen, die längst nicht mehr in unsere Zeit passen“

Ein zentrales Problem ist der extreme Preisdruck, der sich durch die gesamte Zulieferkette zieht. OEMs fordern nicht nur kontinuierliche Preisnachlässe, sondern erwarten gleichzeitig volle Kostentransparenz bis ins kleinste Detail. Zulieferer müssen aufwändige Kalkulationen offenlegen und ihre Marge oft auf ein Minimum reduzieren. Meist müssen die Lieferanten in Vorleistung gehen und sechsstellige Summen bis zur Endabnahme aus eigener Tasche finanzieren. Hinzu kommen immer umfangreichere Anforderungen: Kapazitätsnachweise, umfassende Dokumentationen, lückenlose Nachverfolgbarkeit und strengste Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien sind inzwischen Standard – und sie kosten Zeit, Geld und personelle Ressourcen.

Und am Ende zählt oft nur eines: der niedrigste Preis.

Das ist kein Einzelfall. Das ist gelebter Alltag. Und genau deshalb ist der mittelständisch geprägte Werkzeug- und Formenbau in Deutschland wirtschaftlich am Limit. Vielen fehlt inzwischen buchstäblich die Luft zum Atmen.


Gießereien kennen denselben Druck

Gießereien stehen als Zulieferer unter ähnlichen Belastungen. Getrieben von OEMs, die ihre Verantwortung systematisch nach unten verlagern – ohne Rücksicht auf die Tragfähigkeit ihrer Partner.

Es ist Zeit, dass wir gemeinsam Verantwortung übernehmen. Es braucht wieder echte Partnerschaften auf Augenhöhe, Verlässlichkeit statt Preisdruck und ein ehrliches Bekenntnis zur industriellen Wertschöpfungskette in Europa.

„Denn nur mit einem gesunden, innovativen Mittelstand wird die Transformation gelingen,“ teilen betroffene Unternehmen übereinstimmend mit.

Gerade für kleinere Betriebe, die oft in Nischen produzieren oder Spezialist für bestimmte Komponenten sind, stellt dieser Druck eine ernsthafte Bedrohung dar. Viele KMU können die ständig wachsenden Vorleistungen kaum noch stemmen, ohne ihre wirtschaftliche Stabilität zu gefährden. Die Folge sind Investitionsstau, Innovationshemmnisse und im schlimmsten Fall das schleichende Aus für traditionsreiche Betriebe, die über Jahrzehnte hinweg zuverlässige Partner der Automobilindustrie waren.

Die Transformation, die eigentlich zukunftsfähig machen soll, droht somit für viele Mittelständler zur Falle zu werden – nicht aus mangelndem Willen zur Veränderung, sondern weil die Spielregeln der Branche zunehmend nur noch für die Großen funktionieren. Es braucht deshalb dringend ein Umdenken in der Zusammenarbeit entlang der Lieferkette – partnerschaftlicher, realistischer und langfristiger.

 

Quelle: www.heck-becker.com 

[397]
Socials