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„Druckgussindustrie im Wandel – Klimaschutz und das aktive Warten auf grünen Wasserstoff“

Die deutsche Bundesregierung hat schon 2010 beschlossen, welche Ziele zu erreichen sind, um eine weitgehende Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Hierzu sollen die Treibhausgasemissionen bis 2050 im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 % vermindert werden.

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Als Hoffnungsträger zur Erreichung dieser ehrgeizigen Ziele werden gegenwärtig die erneuerbaren Energien und grüner Wasserstoff diskutiert. Derzeit sind jedoch die Kapazitäten der erneuerbaren Energien in vielen Teilen der Welt, Europas und auch in Deutschland nicht groß genug, um in ausreichender Menge grünen Wasserstoff mit dem Elektrolyseverfahren herzustellen. Natürliche Wasserstoffvorkommen sind eher selten auf unserem Planeten und bieten keine Versorgungssicherheit. Im Klimaschutzplan 2050 [1] sind Ziele enthalten, welche die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 beschreiben (Tabelle 1). Demnach sollen in der Industrie ca. 50% der Treibhausgasemissionen (in CO2-Äq.) eingespart werden.

 

Wie dies im Einzelnen erreicht werden kann ist derzeit noch nicht konkret beschrieben. Es werden Vorbereitungen getroffen, um die Infrastruktur und Energieverfügbarkeit möglich zu machen. Ob dies jedoch trotz der jetzt schon bekannten Krisen und eventuellen neuen Risiken auch geschafft wird, ist offen.  Bis wann welche Mengen grünem Wasserstoff wo verfügbar sind kann heute noch nicht bestätigt werden. Die einfachste Methode Energie und CO2-Emissionen um 50% zu verringern wäre auch die Produktion um 50% und den Konsum um 50% zu reduzieren. Diese Idee steht jedoch im Wiederspruch zum Wohlstands- und Wachstumsstreben vieler Menschen und Unternehmen.

Es drängt sich die Frage auf: Was kann heute schon gemacht werden, um Treibhausgasemissionen und Energieverbrauch zu senken ohne die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff?

Der Vortrag auf dem 23. Druckgusstag [2] in Nürnberg auf der EUROGUSS 2024 und dieser Artikel sollen Ideen und Anreize geben sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und mit heute verfügbaren Methoden und Mitteln [3, 4], also auch ohne grünem Wasserstoff Energieeinsparungen umzusetzen.

Produktionsverlagerung und einfach abwarten sind keine Option

Nicht gut wären die folgenden Szenarien für unser Klima: 1. Die Produktion wird ins Ausland verlagert, weil dort die Energie günstiger und Kostendruck wegen Klimaschutz geringer sind. 2. Abwarten bis grüner Wasserstoff für alle verfügbar ist. In beiden Fällen wären aus globaler Sicht keine Verbesserungen für den Klimaschutz erreicht.

Die Druckgussindustrie sowie allen anderen energieintensiven Industrien in Deutschland und Europa leiden besonders unter den hohen Energiekosten und Klimaschutzabgaben. Hierdurch entsteht heute schon ein Handlungsbedarf.

In der Druckgussindustrie werden feste Metalle eingeschmolzen bis sie die gewünschten Eigenschaften als Flüssigmetall haben, um in Druckgussmaschinen in Form gebracht werden zu können. Diese Metalle werden oft in fossil befeuerten Schmelzöfen eingeschmolzen. In einigen Fällen kennen die Betreiber der Schmelzöfen die Kennwerte ihres Schmelzprozesses gut und sind über Vergleiche mit anderen Schmelzprozessen gut darüber informiert, wo sie stehen in Bezug auf Energieeffizienz, Produktivität und Emissionen. Wo dies nicht der Fall ist, kann ein Vergleich die Augen öffnen. Er zeigt, wo man derzeit steht und was noch zu tun ist, um die Zielvorgaben aus dem Klimaschutzplan 2050 zu erreichen.

Das Schmelzen des festen Aluminiums geschieht während des Schmelzprozesses in einem Schmelzofen. Ein Benchmarking der mit Erdgas befeuerten Schmelzöfen kann weiter helfen zu verstehen, wie gut die verwendete Technik ist. Der Schmelzprozess besteht aus mehreren Prozessschritten wie: Chargieren, Schmelzen, Überhitzen, eventuell Legieren und Gießen beziehungsweise Transfer. Aus dem Energieeinsatz und der Schmelzrate lassen sich Kennwerte ermitteln, die vergleichbar sind.

Für diesen Vergleich der Schmelzprozesse ist es nur selten ausreichend die Schmelzöfen des eigenen Werkes miteinander zu vergleichen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Vielmehr ist es sinnvoll zu schauen, und sich die Frage zu stellen: Was wird anderswo anders und besser gemacht und wie kann ich als Betreiber von eigenen Schmelzöfen dies auch schaffen? Welche Grenzen gibt es für meinen Schmelzprozess? Wie weit kann mit herkömmlichen Methoden der Prozess weiter verbessert werden? Jede Umrüstung und jeder Umbau kosten Geld, hier ist es wichtig informiert und vorausschauend zu handeln. Jede Investition sollte durch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung begründbar sein.

Zusammenfassung

Aus den Vorgaben des Klimaschutzplans 2050 ergeben sich viele Aufgaben und Fragen für die Druckgussindustrie in Deutschland. Die Bundesregierung lässt keine Zweifel daran die Zielerreichung durchzusetzen. In Zukunft ist mit höheren Energiekosten und Klimaabgaben zu rechnen. Der hieraus entstehende Handlungsdruck für die Erzeuger von Druckgussteilen lädt nicht zum Abwarten ein. Das Ziel die Treibhausgasemissionen bis 2030 um ca. 50% zu verringern lässt sich auch jetzt schon mit herkömmlichen Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung erreichen. Auch ohne grünen Wasserstoff.

Ein Beitrag von Dr.-Ing. Thomas Niehoff


 

 

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